Dieser Tage kam ich aus dem Südsudan zurück. Es war für mich viel mehr als nur ein Kurzurlaub. Ich war 2 Tage in Rumbek, 4 Tage in Leer und 7 Tage in Juba, der Hauptstadt der Region. Wo es im Südsudan Straßen gibt, sind sie meist nur schwer oder gar nicht befahrbar (vor allem in der Regenzeit). Von Khartum nach Juba gibt es immer noch keine Allwetterstraße, geschweige denn eine Asphaltstraße, obwohl der Sudan seit 1956 ein unabhängiges Land ist, d.h. von einheimischen Politbonzen regiert wird. In Leer erlebte ich eine 50 km lange Autofahrt, bei der einem Hören und Sehen verging, so wurde man da durchgeschüttelt. Freilich führte die Straße durch ein weites Sumpfgebiet. Doch plötzlich war alles Holpern und Poltern vorbei, als ein mächtiger Bohrturm in Sicht kam. Hatten wir unversehen den Eingang ins Paradies passiert? Jawohl! Nämlich den Eingang ins Erdöl-Paradies. Vor uns lag eine breite Straße aus Afrikas roter Erde, spiegelglatt und bestens gepflegt. Dann ganze Gebäudekomplexe aus den Sümpfen gestampft, Wohnungen und Magazine für alles Nötige zur Erdölförderung. Eine Landebahn für Flugzeuge mittlerer Größe usw. usw.
Beste Transportwege waren bereitet worden für das Erdöl über alle technischen, finanziellen und politischen Schwierigkeiten hinweg. Wo ein solcher Energiestoff zu gewinnen ist, darf nichts unmöglich sein. Und doch haben dort Hunderttausende von Bewohnern, denen eigentlich das Land gehört, fast nichts davon. Weder sie noch Gott und seine Gerechtigkeit zählen da, sondern nur Materie und Geld. Mir wurde klar, warum gemäß der Bibel aus Advent Weihnachten geworden ist, dass doch Einer aus Gott kam, der Mensch wurde, einer von uns wurde, damit viele von uns nicht ganz verzweifeln und kaputt gehen müssen.
Ja, deshalb gibt es auch unsere weltweite Mission. Leer – mit seinen zig Tausend Menschen bliebe sonst vielleicht nur ein verlorener Flecken. Aber seit drei Jahren sind Comboni-Missionare dort. 2 Patres, 2 Brüder und 4 Schwestern. Von ihnen sind 3 aus Lateinamerika und 5 aus Europa. Unter ihnen ist auch unser deutscher Mitbruder Br. Hans-Dieter Ritterbecks vom Niederrhein. Sie reden und beten mit den Leuten in deren Heimatsprache. Es sind Nuëer. Es handelt sich um eine zahlenmäßig große, immer noch als primitiv geltende Volksgruppe. Als erstes bauen sie den Kindergarten. Nächstes Jahr wird es 3 Klassen mit ordentlichen Klassenräumen und genügend Freigelände geben.
Patres und Brüder sind in einem simplen, billigen Rohbau untergebracht, die Schwestern wohnen weiterhin in einigen bei den Nuër üblichen Grashütten. Von der Kirche steht nur das Stahlgerüst. Sonntagsgottesdienste und weitere Versammlungen finden einstweilen auf einem Gelände statt, das mittels Baumästen, Schilfrohren und Zeltplanen überdacht ist. Am ersten Adventssonntag erlebte ich darin eine afrikanische Messe mit Trommeln, Nuër-Lieder und Gebeten, teilweise auch in Englisch, das von Schulkindern gesprochen wurde, die in Leer bis zur 7. Klasse unterrichtet werden. Die meisten Erwachsenen sind bislang Analphabeten, werden aber jetzt zu Lese- und Schreibkursen eingeladen. Die Leute sind meist Viehzüchter.
In Leer ist auf breiter Ebene Fortschritt angesagt. Letzteres gilt auch – wie ich mit eigenen Augen sehen konnte – für den ganzen Südsudan, aber nur falls der Friede erhalten bleibt und nicht wieder ein Krieg ausbricht. Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Die anstehenden politischen Termine (2010 allgemeine Wahlen, 2011 Volksabstimmung) sind von entscheidender Bedeutung. Um deren guten Ausgang beten und arbeiten wir alle hier. Die Christen in Deutschland und in aller Welt mögen dabei mithelfen…
Pater Josef Uhl