Jetzt bin ich ja schon fast vier Monate hier und es ist echt krass, dass schon 1/3 meines Einsatzes hier vorbei ist. Gerade in letzter Zeit bekomme ich immer mehr zu tun.

Wie letztes Mal schon geschrieben, arbeite ich ja im Jugendbüro. Das größte Problem, das wir in letzter Zeit hatten, war Geld. Für November und Dezember bekamen wir nämlich keines, da unser Budget für 2008 anscheinend schon aufgebraucht war. Das war natürlich nicht so gut, denn dadurch konnte keiner der Sportclubs an Wettkämpfen teilnehmen und keine der Freizeitgruppen irgendwelche Aufführungen machen.

Was noch hinzu kommt, ist, dass mein Arbeitskollege immer kränker wurde, woraufhin ich ihm die Untersuchung im Krankenhaus bezahlte. Daraufhin stellte sich heraus, dass er und seine Frau AIDS haben. Er bekommt seitdem zwar die Medikamente, aber richtig fit wurde er nicht. Da er vor allem immer stark husten musste, war er vor zwei Wochen nochmals im Krankenhaus und es stellte sich heraus, dass er zusätzlich noch Tuberkulose hat. Das finde ich nicht so ganz gut, da ich demnächst auch ins Krankenhaus muss, um mich auf Tuberkulose testen zu lassen, denn ich arbeitete ja drei Monate mit ihm zusammen. Auf jeden Fall war er dann in letzter Zeit auch immer weniger im Büro, wodurch ich dort keinen Ansprechpartner mehr hatte. Somit wusste ich gar nicht so genau, was denn die Aufgaben des Büros waren. Ich fragte also den Leiter des Kivuli Centres, ob es so etwas wie eine Verfassung des Jugendbüros gibt. Gab es aber nicht, worauf er meinte, dass ich doch selber eine aufstellen solle. Okay, vor allem das hab ich dann in letzter Zeit im Büro gemacht.

Das mit der Gesundheit ist hier sowieso so eine Sache. Einmal ging es mir überhaupt nicht gut, ich wollte einen Malaria-Test machen lassen. Da die Dispensary im Kivuli Centre aber schon geschlossen hatte, musste ich zu einem Arzt in der Straße hier. Dort wurde ich dann positiv auf Malaria getestet. Also nahm ich mal schön für die nächsten Tage die Malaria-Tabletten. Komisch war nur, dass es Dominik auch schlecht ging; er ließ sich, nachdem ich Malaria hatte, auch auf Malaria testen. Das Ergebnis war jedoch negativ. Allerdings ging er am nächsten Tag zum gleichen Arzt wie ich, der ein bisschen Malaria, ein bisschen Typhus, … feststellte.

Da ich mich nach meiner Behandlung trotzdem noch nicht gesund fühlte, beschlossen wir, ins Nairobi Hospital zu gehen und uns mal richtig überprüfen zu lassen. Dort stellte sich dann heraus, dass wir nie Malaria hatten, sondern beide an einer Lebensmittelvergiftung erkrankt waren. Danach hatte ich so ein bisschen den Eindruck, dass sobald man krank ist, hier vor allem Malaria oder manchmal auch Typhus hat. Wahrscheinlich wollen die Patienten auf jeden Fall ein Ergebnis haben und wenn der Arzt nichts feststellen kann, ist es halt Malaria oder Typhus.

Seit einiger Zeit gebe ich auch jeden Samstag Computerunterricht für die Jungs hier. Das ist immer ziemlich anstrengend, denn die wenigsten sind schon mal vor einem Computer gesessen. Ich muss also alles von Grund auf erklären. Das wäre ja gar nicht so schlimm, allerdings spielen sie dann oft die Spiele auf den PCs und beim nächsten Mal, ist die Hälfte wieder ganz neu → ich muss alles wieder von vorne erklären.

Da es im Centre auch ein paar Schachbretter gibt, überlege ich mir z.Z., einen Schachclub zu eröffnen. Diesen hat es schon mal im August gegeben, was wohl ein großer Erfolg war. Allerdings gab es dabei auch Getränke und Essen. Da der Leiter ein Freiwilliger aus Holland war und dieser wieder zurückkehrte, verlor sich das alles.

Auch die Workshops hier im Centre versuche ich ein bisschen zu unterstützen. Z.B. gibt es einen, in dem ehemalige Straßenjungs Papier recyceln und aus diesem Weihnachtskarten, andere Karten und Papiertaschen herstellen. Von denen habe ich schon einige nach Deutschland geschickt (die sogar nach einer Woche ankamen) und dort über die Kolpingsfamilie, die in Abtsgmünd ziemlich aktiv ist, verkauft.

Für das neue Jahr gibt es im Kivuli Centre eine personelle Umstrukturierung. Leider wurde dadurch auch Joseph Kamau, einer der Sozialarbeiter entlassen. Mit Joseph kommen wir wirklich sehr gut aus und er ist auch sehr vernünftig. Er beendete im Dezember sein erstes Semester des Studiengangs „Social Ministry“, (ist glaube ich so ähnlich wie VWL), für das er ein Stipendium am Tangaza College, einer sehr guten, internationalen Universität, bekommen hat. Allerdings musste er ja noch Geld für seinen Lebensunterhalt verdienen, weshalb er im Kivuli Centre arbeitete. Jetzt, nachdem ihm gekündigt wurde, weiß er nicht so genau, wie es weitergehen soll. Seine Eltern sind beide schon vor einiger Zeit gestorben und die Job Situation hier ist nicht sonderlich gut. Er hat einen Freund, der auch ein Stipendium hatte, aber neben des Studiums nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen konnte → er musste das Studium abbrechen und ist jetzt Conductor in einem Matatu (die Busse hier). Krass finde ich halt, dass ein Student hier ca. 150-200 € im Monat braucht und er nicht einmal das irgendwie aufbringen kann.

Hier in Kenia werde ich glaube ich noch der totale Hausmann. Seit zwei Monaten gehe ich jeden Dienstag zum Markt in Kawangware (ca. 30 Min. Fußweg). Jeden Dienstag und Freitag kommen frische Sachen vom großen Markt in der Stadt. Die Händler hier kaufen die Sachen dann dort ein und verkaufen diese hier wieder. Auf dem Markt in Kawangware kaufen es dann wieder die kleinen Händler in den Straßen ein und verkaufen es in ihren Läden wieder ein bisschen teurer. So funktioniert das meiste Gewerbe hier. Ich kenne z.B. einen, der immer auf den Markt in der Stadt geht, dort Schuhe kauft und diese hier wieder verkauft. In den Märkten gibt es aber nicht nur Lebensmittel, sondern alles mögliche. Also Kleider, Elektronikartikel, CDs, Bücher, … Meistens sind die Waren zwar Second Hand, dafür aber total billig. Auf jeden Fall gehe ich Dienstags immer auf den Markt um Gemüse und Obst zu kaufen. Wie schon mal beschrieben, ist das hier total billig. Danach habe ich immer für 3-5 € einen vollen (Wander-) Rucksack.

Der Markt ist schon immer ein tolles Erlebnis, z.B. gibt es dort einen (ich glaube muslimischen) Prediger, der den ganzen Vormittag irgend welche Sachen predigt. Das versteh ich ja nicht, aber ich finde es trotzdem krass, wie der seine Stimme behält, so wie er immer (trotz Verstärker) schreit. Ich bin dort halt immer der einzigste Weiße, wodurch ich mir schon ab und zu komisch vor komme. Schwierig ist es halt auch, dass einem jeder etwas verkaufen möchte. Dann höre ich halt vor allem „Please Customer“…

Schwierig ist es auch, Kleidung zu kaufen. Ich war mal in der Stadt, um eine Hose zu kaufen. Man muss sich davor schon genau eine Vorstellung machen, was man will und mit viel Selbstvertrauen losgehen. Natürlich wollen die Verkäufer ihre Sachen loswerden → im Prinzip passt fast alles, was man an hat und sieht auch toll aus. Dabei ist es halt zwei Größen zu groß und man wollte eigentlich doch eine ein bisschen andere Hose. Dafür ist es dann aber wirklich billig. Für ungefähr 15€ bekam ich eine neue Hose von „Diesel“. Ich musste zwar erst mal die chinesischen Aufkleber wegmachen, … .

Eigentlich wollte ich ja meine Entwicklung zum Hausmann weiter beschreiben. Auf jeden Fall habe ich mir einen Essensplan für zwei Wochen gemacht und koche seitdem fast jeden Mittag. Auch abends wechseln wir uns mit den Italienern (Martino und Giulia) und Fr. Kizito (wenn er da ist), ab. Somit haben wir schon Linsen mit Spätzle und „Frankfurter“. Die Spätzle haben wir selber produziert. Auch Schupfnudeln oder Knödel haben wir letztens gemacht.

Da es hier nur Weißbrot gibt (bzw. im Nakumatt gibt es auch bayrisches Roggenbrot, aber das ist halt ziemlich teuer), backen wir immer unser eigenes Vollkornbrot. Das schmeckt hier allen um einiges besser als das Weißbrot, weshalb wir fast jeden zweiten Tag einen 800g Laib Brot backen müssen. Auch mache ich immer selber Joghurt, da wir die Milch auf der Straße hier bekommen.

Was mir von den Gerichten besonders gut schmeckt, sind Chapati (kommen eigentlich aus Indien). Die sind ähnlich wie Pfannkuchen, schmecken aber besser und sind aufwändiger. Auf jeden Fall macht der Koch im Shalom-House („Headquarter“ der Koinonia Community, zu der das Kivuli Centre gehört) immer sehr gute. Ich hab ihn also mal nach den Zutaten gefragt und er meinte, dass er am nächsten Tag bei uns vorbeikommt und mir seine Chapati zeigt. Also kam er am nächsten Tag (sogar 8 Minuten früher, als wir vereinbart hatten, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte) und wir machten zusammen echt super Chapati.

Wahrscheinlich werde ich demnächst auch noch Frisör lernen, da ich den „Kinyozis“ hier nicht so ganz traue, da sie normalerweise ja nur die Haare abrasieren.

Am 24. Dezember war ja auch bei uns Weihnachten. Allerdings hat man davon nicht so arg viel gemerkt. Am ersten Advent erschrak ich erst mal total als ich in die Kirche kam, da es nach Weihrauch roch. Ich dachte schon, heute sei ein Fest oder so was, wodurch die Kirche wahrscheinlich 3-4 Stunden gedauert hätte und Dominik und ich hatten danach noch einen Termin. Nach einer Weile fiel mir dann aber auf, dass  vor dem Altar so ein Zweig und vier Kerzen waren → erst dann wurde mir klar, dass schon der erste Advent war.

Ansonsten erinnerte auch nur die Werbung im Nakumatt daran, dass demnächst Weihnachten ist. Bei den 25-35°C (ich weiß es nicht so genau, da wir hier kein Thermometer haben, aber es war schon immer angenehm warm/ heiß, aber kaum Luftfeuchtigkeit) war es für mich dann schon ein bisschen schwierig, in Weihnachtsstimmung zu kommen.

Da ich zu Hause immer mit der Familie Weihnachten feierte, war es dieses Jahr schon ein bisschen komisch. Aber über Weihnachten kamen Dominiks Freundin und Vater, wodurch ja ein bisschen Familie da war. Außerdem waren noch 59 Italiener im Centre, die hier Urlaub machten. Somit waren wir am 24. ziemlich viele Leute. Um 20 Uhr gab es dann für alle Abendessen, danach feierten wir zusammen Gottesdienst, den Fr. Kizito hielt und der somit auch nur 1½ Stunden dauerte. Nach dem Gottesdienst gab es noch ein Vorstellung der Trommelgruppe „Nafsi Afrika“, was echt ganz cool war.

Am 25. trafen sich dann alle Centres der Koinonia Community im „Anitas Home“. Dieses ist ein Centre für ehemalige Straßenmädchen. Das Anitas Home liegt ein bisschen außerhalb Nairobis und es ist ein wirklich schöner Compound. Sie haben sogar eigene Wiesen und Kühe. Außerdem ist die Luft sehr sauber. Dort feierten wir dann auch erst mal, bzw. mit ca. 2 Stunden Verspätung, einen Gottesdienst. Am Nachmittag gab es dann Programm von allen Centres.

Silvester kennen die hier nicht so. Es gibt zwar auch einen Jahreswechsel, aber der wird nicht so gefeiert. Deshalb wollten Dominik und ich ein bisschen was mit den Jungs machen. Daraus wurde leider nicht so ganz was, da der Leiter des Centres schon ein Programm aufgestellt hatte. Eigentlich wäre um 20:30 Uhr ein Gottesdienst gewesen, allerdings fühlte sich Kizito nicht so gut → der Gottesdienst fiel aus. Also schauten wir einen Film an und danach wurde ein bisschen Musik aufgelegt.

Das neue Jahr wurde von den Jungs nicht so bewusst begrüßt. Einige saßen nur um das Feuer, das es auf dem Hof gab, ein paar andere tanzten und einige schliefen auf den Bänken. Mit den sieben Italienern, die hier z.Z. Urlaub machen, zählten wir dann den Countdown und wünschten uns und auch den Jungs danach ein frohes neues Jahr. Die meisten der Jungs waren aber wirklich nicht in Feierstimmung. Egal, von einigen kamen die Glückwünsche aber dann schon auch zurück. Danach gaben wir und auch die Italiener Süßigkeiten und Säfte aus, worauf wieder alle Jungs aufwachten.

Letzten Montag wurde ich mal so richtig mit mir nicht bekannten Werten konfrontiert. Einem Mitglied des Athleten Clubs hatte ich für den letzten Term der Schuljahres 2008 die Schulgebühren bezahlt. Dieser Junge ist echt nett, ich verstehe mich gut mit ihm und wurde auch schon von seiner Familie eingeladen.

Auf jeden Fall kam er letzten Montag mit seinem Bruder zu Besuch. Und zwar um ca. 12:15 Uhr. Das fand ich ja echt nett, aber ich wollte eigentlich gerade mit kochen anfangen.

Egal, da ich dachte, dass sie ja nicht so lange bleiben werden, hatte ich erst mal nichts dagegen. Als sie dann aber schon 1 Stunde da waren, bekam ich immer mehr Hunger und wurde schon etwas ungeduldig. Nach 2 Stunden entschloss ich mich, ihnen etwas von unseren Weihnachtsbrötchen anzubieten, da ich hoffte, dass wenn sie eine Kleinigkeit zu Essen bekamen, zufrieden wären und gehen würden. Das war aber überhaupt nicht der Fall. Im Gegenteil. Sie verstanden das wohl als eine Art Mittagessen und aßen innerhalb der nächsten 2 Stunden die restlichen Brötchen auf. (Die Schachtel war zu einem drittel voll. Dominik und ich aßen innerhalb der letzten zwei Wochen 2/3 der Kekse).

Anscheinend ist es hier so, dass wenn ein Besucher kommt, man sich ewig für diesen Zeit nimmt. Da hätte ich ja auch nichts dagegen, wenn ich ein bisschen darauf vorbereitet gewesen wäre, aber sie kamen ja total unangekündigt. Da ich also noch einiges an diesem Nachmittag geplant hatte, machte ich ihnen dies um ca. 16:20 Uhr, und sie ja schon über 4 Stunden da waren, klar. Das sind die Leute hier wohl nicht so gewöhnt, denn James, der Bruder des Unterstützen fand das, glaube ich nicht so lustig, denn danach wurde er ganz leise. Sie meinten dann aber, dass sie jetzt nach Hause gehen würden, um dort noch ein paar Sachen zu erledigen.

Irgendwie konnte ich es dann schon auch verstehen, dass sie so lange da waren, denn zur Zeit haben sie Ferien. Als ich sie fragte, was sie denn bis jetzt während der Ferien gemacht hatten, meinten sie, dass sie eigentlich fast die ganze Zeit zu Hause waren. Klar, dass sie dann gerne ein bisschen Abwechslung haben.

Am Montag hatte ich dann auch noch eine weitere erstaunlich Erfahrung. Ich habe ja im letzten Rundbrief auch mal kurz über einen Kindergarten hier geschrieben. Diesen möchte ich jetzt mal ein bisschen unterstützen. Dafür traf ich mich mit der Leiterin. Als wir dann alles diskutiert hatten, wollte sie mir doch wirklich Geld für die Rückfahrt geben. Das fand ich wirklich erstaunlich, denn eigentlich werde ich immer nach Geld gefragt und es wird mir keines angeboten.

So ich hoffe mal wieder, euch einen kleinen Einblick in mein Leben hier gegeben zu haben.

Also liebe Grüße

Armin