Liebe Freunde in der Heimat,

Zunachst viele Grüße aus meiner Missionsstation Tali. Zum ersten Mal ist es mir möglich, elektronische Mail zu senden. Eine hier ansässige Hilfsorganisation hat ein Internetsystem installiert, von dem ich Gebrauch machen kann.

In den letzten Monaten habt Ihr wenig von mir gehört. Die einzige Kommunikationsmöglichkeit war das Satellitentelefon, das sehr teuer ist. Da die Straßen immer noch nicht passierbar sind, sitze ich in meiner Missionsstation praktisch fest und kann mich nur sehr wenig in die Gebetszentren außerhalb Tali begeben. Fünf Kilometer entfernt von uns fließt ein großer Fluss, den wir derzeit mit Motorrad oder Auto nicht überqueren können. Des weiteren gibt es viele Sumpfgebiete, die derzeit nur zu Fuß (wenn überhaupt) passierbar sind.

Die Regenzeit bringt auch viele Krankheiten mit sich. Es werden hier zwar viele Kinder geboren, die Sterblichkeitsrate besonders unter Kleinkindern ist jedoch ebenfalls sehr hoch. Ursache sind Malaria, Infektionen, Ausbrüche von Krankheiten wie Masern usw. Ich selber werde von Zeit zu Zeit mit Geschwüren geplagt, die bis zur Größe von Hühnereiern anschwellen, sich mit Eiter füllen und dann platzen. Meist sind sie sehr schmerzhaft (v.a. in Achselhöhle). Mit Malaria hab ich mich mittlerweile „anfreunden“ müssen. Sie ist praktisch unvermeidbar hier.

Was die Ernährung betrifft, so hab ich mich rechtzeitig mit genügend Dosenvorrat ausgestattet (Tomatensauce, Fleisch, Fisch, Nudel, Reis, Mehl…). Was mir und meinem Mitbruder fehlt, sind Obst und Gemüse, da wir keinen Stromanschluss für Kühlschrank oder Gefriertruhe haben. Deshalb hab ich rechtzeitig damit begonnen, einen Pflanzgarten anzulegen. Er trägt mittlerweile seine Früchte: Grünsalat, Tomaten, Weiß-Kohl, Gelbe Rüben, Gurken, Zwiebel, Wassermelonen…). Im lokalen Markt gibt es zwar Mehl, Zucker, Reis und manchmal Gemüse, die Preise sind aufgrund der schwierigen Transportbedingungen jedoch sehr hoch.

In der Pfarrei haben wir mit dem Katechismus gestartet. Um die Menschen, v.a. Kinder mehr anzuziehen, sind wir dabei, ein Grundstück von Baumstümpfen freizulegen, damit dort ein Fußballfeld entstehen kann. Leider funktioniert die ortsansässige Grund- und Hauptschule nicht besonders gut, so dass viele Kinder nicht zur Schule gehen. Nach der Ferienzeit wartet man immer noch auf die Rückkehr vieler Lehrer, um mit dem Unterricht fortzufahren. Vergebens… In der Schule benutzt man gewöhnlich Englisch. Die große Mehrheit der Schüler versteht aber sehr wenig, v.a. in der Grundschule. Die einheimische Sprache wird jedoch nicht gelehrt. Deshalb habe ich damit begonnen, freiwillige Helfer in der Pfarrei dazu anzuspornen, die lokale Sprache „Bari“ zu unterrichten. Wir benutzen sie nämlich als Liturgiesprache. Unsere Bibel, unsere Gebete, unser Katechismus …sind in Bari. Der hier ansässige Stamm der Mundari versteht zwar Bari, wir und selbst andere Bari-sprechenden Stämme können aber die Sprache der Leute kaum verstehen, da sie sehr schnell sprechen, viele Wörter abkürzen und oft Ausdrücke aus anderen Sprachen wie Arabisch verwenden. Kurz: die Leute verstehen uns, aber wir verstehen die Leute nicht.

Für die Zukunft plane ich, dem Bischof und meinen Oberen einige Projekte vorzuschlagen, z.B. ein Haus für uns Patres. Derzeit wohnen wir noch in Strohhütten, die oft undicht sind und den manchmal starken Regengüssen nicht standhalten können. Zudem werden sie v.a. in der Regenzeit von Termiten befallen, die alles auffressen, was ihnen in die Quere kommt. Das Lagern von Büchern (z.B. Bibel, Liturgiematerial…) ist deshalb nicht so einfach. Auch unsere Kirche ist sehr stark von diesen Termiten befallen. Sie fressen sich ins Strohdach, in die Holzpfähle und in die „Sitzbänke“. Meiner Meinung nach ist es deshalb fast unvermeidlich, den Bau einer Kirche aus Zementblöcken und Wellblechdach in die Wege zu leiten…

Zuletzt lasst mich Euch für Eure materielle und spirituelle Unterstützung danken. Manchmal ist es nicht so einfach, mit einfachen Menschen zu arbeiten. Sie lieben es zwar zu beten und zu singen, schaffen es aber oft nicht, den Glauben im Alltag zu leben. Das moralische Verhalten ist deshalb auf einem sehr niedrigen Niveau: Streitereien, Raufereien usw. gibt’s täglich. Am Nachmittag sind sehr viele betrunken. Vor einigen Wochen wurde ein Polizeioffizier hinterhältig niedergeschossen. Viele hatten Angst vor Blutrache („Auge um Auge, Zahn um Zahn“). Man konnte mehr Menschen als zuvor mit Gewehren herumlaufen sehen. Es ist deshalb ein Trost zu wissen, dass man nicht allein ist, dass viele Leute für einen beten und bereit sind, ihren materiellen Beitrag zu leisten.

Ich weiß von meiner Familie daheim, dass dies in meinem Fall nicht uebertrieben ist. In meinen täglichen Messen schließe ich deshalb Euch und Eure Anliegen immer mit ins Gebet ein. Möge der Herr Euch mit seinem reichen Segen immer nahe sein.

In tiefer Verbundenheit,

P. Markus Körber