Liebe Freunde,

herzliche Grüße aus Juba. Weihnacht ist bereits vorüber und ich hoffe, Sie hatten ein schönes Fest, erfüllt mit dankbarer Erinnerung über die Menschwerdung Gottes in Seinem Sohn Jesus Christus. Für das Neue Jahr wünsche ich Ihnen alles Gute, Gesundheit, Glück, Frohe Stunden im Kreis der Lieben und vor allem Gottes Segen.

[…] Nun bin ich seit Mai vergangenen Jahres wieder im Südsudan. Ich hatte mich ja mit einem Brief im Juli aus Juba gemeldet. Mir geht es soweit ganz gut. Anfang September musste ich allerdings aufgrund anhaltender Schwächeanfälle nach Kenia. Zuvor wurde ich in Juba fast zwei Monate auf Malaria und Typhus behandelt, ohne dass eine Besserung eintrat; im Gegenteil. In Nairobi sagte mir dann der Arzt, dass diese beiden Krankheiten niemals zur gleichen Zeit auftreten; man hat entweder Malaria oder Typhus. Außerdem hatte ich eine Überdosis Antibiotika geschluckt, Infusionen und Transfusionen. Es war in der Tat Typus, und nach drei Wochen ging es dann wieder zurück nach Juba. Alles ok – Gott sei Dank!

Ich hatte in meinem letzten Brief diese Friedensgespräche erwähnt. Nun herrscht tatsächlich offiziell Waffenstillstand, und übergroße Plakate in Juba verkünden Verzeihung, Frieden und Versöhnung: „Alle für Frieden – Frieden für Alle“, heißt es da. Freue mich darüber, obwohl bei den Verhandlungen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen (z.B. volle Wiederaufnahme der Erdölförderung). Unbelehrbare Störenfriede ballern trotz allem immer noch hier und da herum; aber ansonsten ist es bedeutend ruhiger als vorher. Frieden und Sicherheit, wie es sich allerdings die Leute hier wünschen, lassen noch auf sich warten. Es gibt noch viel zu tun, und das zeigt sich auch daran, dass die Rückkehr der seinerzeit geflohenen Menschen in ihre Heimatregionen praktisch noch gar nicht stattgefunden hat. Man hat wohl Angst und traut dem Ganzen nicht so recht. Wir hoffen und beten, dass dann doch bald einmal der lang ersehnte Frieden eine dauernde Wirklichkeit wird.

Ein anderes Thema wäre die himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit. Da haben Wenige praktisch alles und Viele so gut wie gar nichts. Wir brauchen eine halbwegs ehrliche, demokratisch gewählte und handlungsfähige Zivilregierung. Ich fürchte jedoch, dass wir davon noch weit entfernt sind. Hoffentlich erlebe ich das noch. Die Militärs, ob Regierung oder Opposition, scheffeln sich die Taschen voll (Korruption) und schieben sich die Jobs gegenseitig zu (Nepotismus = Vetternwirtschaft). Generelle Frage ist zudem die politische Kompetenz der Regierungsverantwortlichen.

Das Ganze hat zu einem sozialen Desaster geführt, bei dem einem besonders die Kinder leidtun; ich spreche hier von den herumstreunenden Jungs und Mädchen, die man überall in der Stadt antrifft. Die kommen mitunter ganz professionell auf einen zu und fragen um Geld. Wenn man dann so einem Bengel den Arm auf die Schultern legt und ein paar freundliche Worte sagt, schaut man in Kinderaugen, die sich nach Wärme und Zuneigung sehnen. Und plötzlich ist das mit dem Geld vergessen. Man kauft eine Kleinigkeit zum Essen oder ein paar Süßigkeiten, und die Welt ist in Ordnung. Aber es dauert nicht lange, und der arme Kerl ist wieder da, wo er vorher war. Und da ist es trostlos. Es hilft vielfach die Flucht nach innen – die billigste Droge dabei ist: Man füllt ein wenig Tischlerleim oder Benzin in eine leere Plastikflasche, schnuppert daran, und schon entflieht man dem grausamen Alltag  für ein paar Augenblicke.  Habe selbst kleine Jungs unter zehn dabei erwischt. Fragt sich dann, ob jene die zwanzig erreichen? Frage mich aber auch, was ich in einer ähnlichen Lebenssituation gemacht hätte. Das ist mir erspart geblieben,  und dafür bin ich Gott und meinen Eltern dankbar.

Liebe Freunde; das sind alles Situationen, die man erlebt und gesehen haben muss. Sonst kann man sich das nicht so richtig vorstellen. Die Gefahr dabei ist jedoch, dass jemand sich mit der Zeit an diese Lebensbilder gewöhnen könnte und einem das nicht mehr so zu Herzen geht. Um das zu verhindern braucht es die Kontaktpflege mit den „Ausgestoßenen“. Das Foto zeigt mich übrigens mit Straßenkindern, denen es ein bisschen besser geht als dem großen Rest der „Artgenossen“.  Daher auch die einigermaßen ordentliche Kleidung. Es handelt sich dabei um ein Projekt, das ich manchmal besuche und auch ein bisschen unterstütze.

Und in eine solche Welt ist nun der Herrgott hineingetaucht. Die simple und zugleich geniale Geschichte vom Sündenfall im Paradies erzählt davon, wie der Mensch auf die „schiefe Bahn“ geraten ist. Er wollte frei und unabhängig sein; weg von Gott und ganz für sich allein. Aber das ging schwer daneben. Ohne Gott geht es nicht – Tod statt Leben!!  Junge, Junge; und wir Menschenkinder des 21. Jahrhunderts?? Nicht wenige glauben, dass wir alles können und Gott überflüssig ist. Und in diesem Sinne  haben wir schon ziemlich viele von diesen „verbotenen Äpfeln“ vernascht. Nun kann sich der Mensch aus eigener Kraft aus dieser ausweglosen Situation nicht retten. Und Gott? ER hat dem Menschen die Würde der Freiheit geschenkt; und dies verbietet es wiederum Gott sich einzumischen. Was nun?  Aber der Teufel hatte sich zu früh gefreut. Gott macht etwas ganz „Verrücktes“: ER wird Mensch; wird einer von uns! Das ist die Rettung und das ist was wir mit Weihnachten feiern und was mit Kreuzestod und Auferstehung Jesu vollendet wird.

Danke Jesus, dass Du uns so lieb hast!!

Liebe Grüße, Gesundheit und Gottes Segen.

Ihr/Euer/Dein

Br. Hans Dieter Ritterbecks