Ehemalige Schüler des Comboni-Seminars in Neumarkt trafen sich nach 50 Jahren wieder. Mit Pater Reinhold Baumann, damals Erzieher, Bruder Hans Eigner und Pater Josef Gerner, damaliger Rektor, wurden viele Erinnerungen ausgetauscht.

Das Missionsseminar St. Paulus wurde 1990 mangels Nachwuchs geschlossen.

Ende Oktober 2022 trafen sich in Ellwangen ehemalige Schüler des Seminars in Neumarkt. Die Idee stammte von ihnen selbst. Ende der 1950er-Jahre geboren, waren sie mit zehn bis elf Jahren ins Missionsseminar eingetreten mit der vagen Idee, Priester und Missionar zu werden. Priester wurde keiner von ihnen, vielmehr Lehrer, Banker, Architekt und Gefangenenseelsorger, alle am Beginn des Ruhestands. Mit dabei, deswegen traf man sich in Ellwangen, war auch ihr ehemaliger Erzieher Pater Reinhold Baumann, sowie der damalige Leiter des Seminars, Pater Josef Gerner, der gerade aus Afrika da war, beide inzwischen 83 bzw. 86 Jahre alt. Auch Bruder Hans Eigner, Mitschüler der nächstunteren Klasse, nahm teil.
Es gab viel zu erzählen. Die meisten hatten sich seit dieser Zeit nicht mehr getroffen. Ein zentrales Thema war: Wie haben sie die Seminarzeit erlebt? Wie blicken sie heute auf diese Zeit zurück? Sie waren damals zwischen zwölf und sechzehn Jahre alt. Einig waren sich alle, dass sie ohne das Schülerheim keine Möglichkeit gehabt hätten, aufs Gymnasium zu gehen. Sie kamen alle vom Land, hatten keine weiterführende Schule in der Nähe. Aber auch sonst blickten alle dankbar auf diese Gelegenheit zurück. Wenn ihre Erfahrung nicht gut gewesen wäre, wären sie wohl nicht zum Treffen gekommen. Der eine oder andere erinnerte sich an großes Heimweh. Ein Erzieher, der damals für 30 bis 40 Buben zuständig war, konnte jedoch nicht die menschliche Nähe bieten, die eine Familie bieten kann.
Die Zeit der Seminare ist inzwischen vorbei. Zum einen, weil es heute ein viel besseres Angebot an Schulen gibt, aber auch, weil ein Seminar nie eine Familie ersetzen kann. Für einen damaligen Erzieher, wie den Verfasser dieses Beitrags, war das Treffen eine Freude, weil er sah, dass er in schwieriger Zeit Jugendlichen einen Beitrag zu einem erfüllten Leben geben konnte.

Reinhold Baumann

Ende Oktober fand unser Seminar-Treffen in Ellwangen statt. Mir hat es gefallen. Und ich habe mich auf dem Nachhauseweg froh und dankbar gefühlt, gegenüber allen, die teilgenommen haben, und den gastfreundlichen Comboni-Missionaren.
Ich habe gemerkt, dass das Zusammentreffen nach 50 Jahren für alle von uns – einschießlich der ehemaligen Präfekten – eine Herausforderung war. Jeder von uns verbindet mit dem Seminar in Neumarkt – teils unterschiedliche – Gefühle und Erinnerungen, denen wir uns an den zwei Tagen des Zusammenseins stellten. So oder so hat diese Zeit jeden von uns auch geprägt.

Bei einer Austauschrunde gleich zu Beginn zeigte sich, das Interesse am Anderen war groß. Wir hörten einander aufmerksam zu, was der Andere über sich sagen wollte: Wie geht es ihm heute – beruflich, als Rentner, in der Familie, in ehrenamtlichen Engagements -, mit dem man Jahre der Kindheit und Jugend tagtäglich so nah verbrachte?

Was ist rückblickend bei ihm noch an Erinnerung wach zum Zusammenleben mit den Präfekten, den Schülern untereinander und wie ging es ihm dabei? Häufig wurden hier Themen wie Heimweh und schulische Probleme erwähnt, während bestimmte Freizeit- und Sportaktivitäten bei einigen von uns einen besonders positiven Eindruck hinterließen. Präfekten waren für uns Vorbilder, deren Nähe man suchte. Sie konnten diese aber nicht geben, denn die Gruppen waren einfach zu groß (in den unteren Jahrgängen war ein Präfekt zuständig für 30+ Schüler).

Die Offenheit beim Austausch in der Runde erzeugte Nähe und Vertrauen. Ich hatte das Gefühl, jeder schätzte die Lebensleistung des anderen.
Und mir drängte sich das Bild auf, wir sitzen alle in einem Boot – heute wie damals.

Michael Hüttner