P. Moses Otii Alir stammt aus Uganda und absolvierte sein Theologiestudium in Innsbruck. Nach einem längeren Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik gehört er seit dem 1. Juni 2021 zur Hausgemeinschaft der Deutschsprachigen Provinz in Graz.

Friedenstauben bekam P. Moses anlässlich seiner Priesterweihe am 4. Mai 2013 in Uganda als Geschenk. Foto: privat

Anfänge
Bereits mit 15 Jahren trat ich in das diözesane Priesterseminar ein, das von Comboni-Missionaren geleitet wurde. Damals wusste ich noch nicht, dass es Diözesan- und Ordenspriester gab. Ich hatte nur den Wunsch, Priester zu werden.
Im Jahr 1996, während der Seligsprechung von Daniel Comboni, las ich viel Material über Comboni und nahm auch an einer Oper teil, die einer der Comboni-Missionare vorbereitet hatte, der damals in Karamoja arbeitete. Ich stellte Nachforschungen an zu Comboni-Missionaren und stellte zu meiner großen Überraschung fest, dass die meisten Priester in Karamoja Comboni-Missionare waren. Ich nahm Kontakt zu einem von ihnen auf und wurde 1998 Aspirant. Nach dem Abitur wurde ich in das Postulat aufgenommen.
Erst später erfuhr ich, dass meine Gegend von den Comboni-Missionaren evangelisiert worden war. Mein Großvater wurde bereits in den 1920er-Jahren von einem der ersten Comboni-Missionare in Kitgum, nämlich Pater Guiseppe Santambrogio, getauft. Dann entdeckte ich, dass meine Eltern von einem Comboni-Missionar getraut worden waren, der auch mich taufte. Später wurde er Bischof und weihte mich zum Priester. Ich schloss mich dem Traum der Comboni-Missionare an, mit den Armen und Verlassenen zu arbeiten und Afrika durch Afrika zu retten.

Eine neue Kultur
Nach meinem Studium in Innsbruck wurde ich 2011 in die Zentralafrikanische Republik entsandt. Ich verbrachte einige Monate in Paris, um die französische Sprache zu lernen. Im Februar 2012 kam ich dann in der Zentralafrikanischen Republik in der Hauptstadt Bangui an, um meine erste Missionserfahrung zu machen. Dort verbrachte ich fast zehn Jahre.
Mein erstes Jahr war eher eine Übergangszeit, in der ich mir Zeit nehmen musste, um die Kultur und die Sprache zu lernen. Afrikaner zu sein bedeutet nicht unbedingt, dass man mit allen Kulturen Afrikas vertraut ist. Ich wurde mit einer Kultur konfrontiert, die für mich völlig neu war. Angefangen beim Essen, über die neue Sprache bis hin zur Art und Weise, die Realität zu sehen – all das war eine Herausforderung. Die Menschen sind warmherzig und sehr geduldig, was mir das Einleben in die pastorale Arbeit und meinen priesterlichen Dienst erleichtert hat.

Die Zentralafrikanische Republik (ZAR) war bis 1960 französische Kolonie. Sie ist etwa gleich groß wie Frankreich (620000 km2), hat aber nur 4,8 Millionen Einwohner. Obwohl die ZAR ein ressourcenreiches Land ist (Diamanten, Holz, Metalle), gehört es zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Lebenserwartung ist die niedrigste weltweit.
Die beiden größten Religionsgruppen, Christen und Muslime, lebten bis 2013 friedlich miteinander. Nach dem Sturz des christlichen Präsidenten François Bozizé übernahmen die überwiegend muslimischen Séléka-Rebellen aus dem Norden die Macht. Die Gegenbewegung aus vorwiegend christlichen Gruppen, die „Anti-Balaka“, bekämpften die Rebellen.
Seitdem kämpfen beide Seiten – mit Unterbrechungen durch verschiedene, mehrfach gescheiterte Friedensverhandlungen – gegeneinander und verüben Massaker an der andersgläubigen Zivilbevölkerung. Viele Menschen sind auf der Flucht.
Bei dem Konflikt handelt es sich nicht ursächlich um einen Religionskrieg zwischen Christen und Muslimen. Es geht um politische Machtfragen sowie um den Zugang, die Ausbeutung und den Handel der reichen Ressourcen des Landes.

Bis zu 6000 Menschen suchten von 2013 bis 2016 Schutz auf dem Gelände der Kirche „Unsere heilige Frau von Fatima“ in Bangui, wo P. Moses Otii als Pfarrer tätig war. Foto: Moses Otii Alir

Schwierige Zeiten
Der Frieden, der 2012 herrschte, war mit der dramatischen Wende der Ereignisse vorbei, als die Séléka-Koalition im März 2013 die Macht im Land übernahm. Anstatt einer Beruhigung stürzte das Land zum Entsetzen aller in eine Krise, die es so noch nie gegeben hatte. Über diese Krise wurde auch in einigen westlichen Medien berichtet. Auf lokaler Ebene wurde die Krise von der politischen und wirtschaftlichen Klasse für rein persönliche Vorteile und Interessen instrumentalisiert.
Dies geschah gleich zu Beginn meines priesterlichen Dienstes in der Zentralafrikanischen Republik. Die Tötungen und die Zerstörung von Eigentum durch die Elemente der neuen Regierung nahmen überhand. Dies führte dazu, dass die Menschen diese neue Regierung nicht mehr akzeptierten und nach Wegen suchten, ihre Empörung zum Ausdruck zu bringen.

Bürgerkrieg
Die Revolte begann mit dem Angriff der Gegenmilizen, der Anti-Balaka, am 5. Dezember 2013. Nach diesem Ereignis gab es eine Reihe von Angriffen und Gegenangriffen, die neben der Zerstörung von Eigentum auch viele Menschenleben forderten.
Inmitten all dieser Unruhen bestand unsere Präsenz als Comboni-Missionare darin, den Menschen in ihrem Leid nahe zu sein, unabhängig von ihrem Glauben, ihrer Herkunft und ihrer Kultur. Unsere Pfarrei „Unsere liebe Frau von Fatima“ in Bangui war ein Ort, den die Menschen ihr Zuhause nennen konnten. Unsere Türen waren offen für diejenigen, die Zuflucht und Schutz suchten, für diejenigen, die materielle Hilfe suchten, für diejenigen, die ein offenes Ohr suchten und für diejenigen, die beten wollten. Wir haben ihre Schmerzen, Schwierigkeiten und Hoffnungen geteilt. Bedauerlicherweise hatten diese Angreifer nicht einmal Respekt vor Gotteshäusern. Es gab mehrere Angriffe auf unsere Gemeinde, die zur Zerstörung der Infrastrukturen und des Eigentums führten und viele Menschenleben forderten, darunter auch zwei Priester.

Neue Aufgabe in Österreich
Die zehn Jahre meines Dienstes in der Zentralafrikanischen Republik haben dazu beigetragen, starke Bindungen zwischen mir und dem zentralafrikanischen Volk aufzubauen. Ich habe mit Liebe gedient und mein Herz bleibt mit diesem Land, seinen Menschen und seiner Kultur verbunden. Sie haben dazu beigetragen, meinen missionarischen Geist und mein missionarisches Wesen zu formen.
Es war sehr schwer, sich einen Abschied vorzustellen. Ich habe aber gemerkt, dass dies ein Teil der Schönheit jeder missionarischen Erfahrung ist, nämlich loslassen zu können und immer offen für neue Erfahrungen zu sein, wohl wissend, dass es Gott ist, der uns für seine Mission aussendet, wo und wann er es will. In diesem Sinne habe ich die Zentralafrikanische Republik verlassen und ging in die Deutschsprachige Provinz nach Graz/Österreich.
Ich bin schon seit einiger Zeit hier in Graz, genauer gesagt in Messendorf. Hier werde ich neben einem Studium auch in die pastorale Arbeit der Diözese eingebunden sein. Die Atmosphäre ist freundlich und einladend. Die Tatsache, dass ich schon einige Jahre in Innsbruck war, macht es mir leichter, in die pastorale Realität einzusteigen.

P. Moses Otii Alir