Alle paar Wochen beschließt die Regierung ein neues Flüchtlingspaket. Die Situation ist heute eine ganz andere als noch vor zwei Jahren. Im Folgenden schreibt Pater Reinhold Baumann über die Erfahrung in Ellwangen.
Dunkelhäutige Gesichter gehören inzwischen zum Stadtbild in Ellwangen. Seit zwei Jahren hat die Stadt eine Landeserstaufnahmestelle (LEA). Allerdings hat sich in der kurzen Zeit schon viel verändert. Eingerichtet wurde sie für 500 bis maximal tausend Personen. Ein halbes Jahr nach ihrer Eröffnung, im Oktober 2015, beherbergte sie aber mehr als 4600 Flüchtlinge, in der Mehrzahl aus Syrien. Ein knappes Jahr später waren es weniger als 400, und von diesen die meisten aus West- und Nordafrika sowie aus dem Balkan. Auch bleiben sie viel länger. Wurden vor eineinhalb Jahren alle nach wenigen Wochen in die so genannte „Vorläufige Unterbringung“ unter Verantwortung der Landkreise verlegt, so bleiben sie jetzt viele Monate und warten in der LEA auf ihr Asylverfahren.
Die Stimmung hat sich geändert
Was sich auch geändert hat, ist die Stimmung unter den Flüchtlingen und auch beim Personal. Natürlich war im Herbst 2015 Stress pur angesagt. Die dringendste Not der vielen meist erschöpften Menschen – ein Bett, ein Dach überm Kopf, Essen und Kleidung – musste behoben werden. Aber es war eine sinnvolle Tätigkeit, die Menschen waren froh, endlich angekommen zu sein und waren voller Hoffnung. Das motivierte auch die Helferinnen und Helfer. Jetzt haben diese zwar viel mehr Zeit, sich um das Schicksal Einzelner zu kümmern. Doch jetzt, und vielleicht gerade deshalb, breitet sich eine Art von Resignation, Hoffnungslosigkeit bis hin zur Verzweiflung aus. Asylsuchende aus Afrika und dem Balkan haben so gut wie keine Chance, bleiben zu können. Selbst schwere persönliche Schicksale wie Krankheit oder Behinderung werden kaum berücksichtigt. Viele haben ihre ganze Hoffnung auf eine Karte gesetzt, und jetzt haben sie alles verloren.
Auch unter Helfern, haupt- und ehrenamtlichen, gibt es Resignation. Zum einen ist das, was Helfer meinen, dass die Asylsuchenden brauchen, und das, was diese wirklich wollen und brauchen, oft nicht dasselbe. Da kommt es oft genug zu Missverständnissen und Enttäuschungen.
Wenn Abschiebung droht
Resignation gibt es aber vor allem, wenn man sich näher kennengelernt hat, auch die Gründe kennt, warum jemand seine Heimat verlassen hat und Chancen für eine bessere Zukunft sucht. Und dann wird die Angst zur Gewissheit, dass alles, der lange Weg durch die Wüste, die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer, dass alles umsonst war. Man müsse konsequent sein, sagen die Behörden, auch wenn es im Einzelfall zu schwer verständlichen Härten komme. Das stimmt ja auch, aber diese Einzelfälle sind Menschen mit Erwartungen und Hoffnungen für ihr Leben. Soll man solche Schicksale dann am besten gar nicht an sich herankommen lassen? Die Versuchung dazu ist groß. Aber eine Welt ohne Empathie und Barmherzigkeit? Wollen wir eine solche Welt? reb