Pater Gregor Schmidt hat in kontinente schon öfter aus dem Südsudan und von seiner Arbeit dort geschrieben. Dieses Mal teilt er mit uns Überlegungen darüber, was in seinen Augen die Berufung zum Comboni-Missionar überhaupt ausmacht.
Während meines Heimaturlaubs habe ich mich mit Bruder Hans Eigner darüber ausgetauscht, wie man die wesentlichen Aspekte der Comboni-Gemeinschaft beschreiben könnte. In sechs Punkten haben wir unsere Überlegungen zusammengefasst. Zu jedem Punkt haben wir einen Bibelvers und eine Nummer aus der „Lebensform“, der Ordensregel der Comboni-Missionare, ausgewählt.
Wir möchten dabei mit Ihnen, den Leserinnen und Lesern von kontinente, ins Gespräch kommen. Ihre Antworten könnten wir mit Ihrem Einverständnis veröffentlichen. So würden Sie uns Comboni-Missionaren helfen, über unsere Rolle und Identität in Kirche und Welt tiefer nachzudenken. Es ist uns auch wichtig, dass Menschen, die unserer Ordensgemeinschaft verbunden sind, sich mit unserer Spiritualität identifizieren und dies auf ihre eigene Weise im Alltag leben.
Wenn die Reflexion darüber, was uns Comboni-Missionare charakterisiert, jemand anregt, über seine oder ihre eigene Berufung nachzudenken, umso besser. Herzlich Willkommen im Weinberg des Herrn!
1. Beziehung zu Jesus Christus
Die Kirche kennt viele Formen der Frömmigkeit und Spiritualität. Auch die Comboni-Missionare sind Männer und Frauen, die ihrem Glauben unterschiedlich Ausdruck verleihen. Was aber alle Mitglieder verbinden soll, ist eine tiefe Liebe zum auferstandenen Herrn und eine lebendige Freundschaft mit Ihm. Ein Christus-zentriertes Leben ist Voraussetzung, um Missionar zu sein.
Lebensform Nr. 21,1:
Christusnachfolge: „Entscheidend in der Berufung zum Missionar ist die persönliche Begegnung mit Christus. Wer erfahren hat, dass er von Christus geliebt ist, kann alles verlassen und bei Ihm bleiben. Zur Christusnachfolge wird der Missionar dadurch befähigt, dass er diese Begegnung immer wieder neu erlebt und seine Verbundenheit mit dem Herrn vertieft.“
Gal 2,20
„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“
2. Mission / Evangelisierung
Mission bedeutet, Menschen zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus zu begleiten. Durch die Nachfolge Christi wird der Comboni-Missionar zu einem Zeugen des Evangeliums, damit Menschen durch die persönliche Begegnung mit Christus mit Gott versöhnt werden. So werden Menschen befreit zu wahrer Liebe und zur Versöhnung miteinander. Versöhnung mit Gott ist Kern der christlichen Missionsarbeit.
Lebensform Nr. 56:
Evangelisierung: „Der Geist des Herrn durchdringt und verwandelt die Völker und führt sie zur Begegnung mit Christus und seiner Botschaft und zum Eintritt in das neue Volk Gottes. Der Comboni-Missionar ist vom Vater berufen und von der Kirche gesandt. Im Vertrauen auf das Wirken des Geistes weiht er sich ganz der Mitarbeit an diesem Wirken und macht die Evangelisierung zum Inhalt seines Lebens.“
2 Kor 5,19-20
„Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat, indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete und uns das Wort von der Versöhnung anvertraute. Wir sind also Gesandte an Christi Statt.Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“
3. Hinausgehen
Wie Abraham von Gott in ein fremdes Land gerufen worden ist, so gehört es zur Berufung eines Comboni-Missionars, dass er aus seiner vertrauten Umgebung aufbricht und bereit ist, Christus zu entdecken in der Gotteserfahrung des Anderen, in einer fremden Kultur. Dieses Hinausgehen ist möglich, weil wir vertrauen, dass Gott schon immer vor dem Missionar da ist.
Lebensform Nr. 57:
Heilsplan und Dialog: „Der Comboni-Missionar deckt die kulturellen und religiösen Werte der Völker auf und achtet ihr Gewissen und ihre Überzeugungen. Auf diese Weise setzt er den Dialog fort, den das Wort Gottes in der Menschwerdung und im Evangelium aufgenommen hat.“
Apg 17,22. 26-28
„Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: Gott hat die Menschen erschaffen, damit sie die ganze Erde bewohnen. Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden können; denn keinem von uns ist er fern. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“
4. Solidarisch mit den Armen
Daniel Comboni sprach von den „Ärmsten und am meisten Vernachlässigten“, die unsere Aufmerksamkeit und die befreiende Kraft des Evangeliums verdienen. Damals waren das für ihn die ausgebeuteten Schwarzafrikaner. Heute sind die Comboni-Missionare in vielen Ländern an Orten tätig, wo Menschen ausgegrenzt werden. Missionare leben, wenn möglich, an der Peripherie von Kirche und Gesellschaft, dort, wo Ausgrenzung stattfindet.
Lebensform Nr. 61:
Ganzheitliche Befreiung: „Bei seinem Einsatz für die Evangelisierung arbeitet der Missionar für die Befreiung des Menschen von Sünde, von Gewalt, von Ungerechtigkeit, von Egoismus, von Armut und Strukturen der Unterdrückung. Eine solche Befreiung findet ihre Erfüllung und ihre Bestärkung in der vollen Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, und zwischen allen Menschen.“
Ps 72,12-14
„Gott rettet den Gebeugten, der um Hilfe schreit, den Armen und den, der keinen Helfer hat. Er erbarmt sich des Gebeugten und Schwachen, er rettet das Leben der Armen. Von Unterdrückung und Gewalttat befreit er sie, ihr Blut ist in seinen Augen kostbar.“
5. Geschwisterlich leben
Die Urgemeinde war geeint in der Liebe und im gegenseitigen Respekt. Sie hatte dadurch eine starke Ausstrahlung auf andere Menschen. Genauso ist es die Berufung der Comboni-Missionare, gemeinsam ein authentisches Zeugnis von Jesus abzulegen, damit Gottes heilende Gegenwart für alle erfahrbar wird im Alltag und in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen.
Lebensform Nr. 39:
Miteinander Leben: „Geeint durch die gemeinsame Berufung und Zielsetzung, führen die Comboni-Missionare ein geregeltes Zusammenleben. Dieses besteht darin, dass sie gemeinsam den Willen Gottes suchen, miteinander beten, planen, arbeiten, die Erholung verbringen und die Güter teilen.“
Phil 2,1-4
„Seid eines Sinnes, einander in Liebe verbunden, seid einmütig und einträchtig. Tut nichts aus Ehrgeiz und Prahlerei. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.“
6. Pilgersein
Das Zweite Vatikanische Konzil spricht von der Kirche als pilgerndem Gottesvolk. Wir sind nur Gäste auf Erden und dürfen uns nicht auf unsere Bauten und Strukturen verlassen. Das Wesentliche in der Kirche sind die Menschen, die Christus ihr Leben anvertrauen und in seinem Namen am Reich Gottes bauen. Das Wachsen des Gottesreiches ist jedoch keine Erfolgsgeschichte nach menschlichen Maßstäben, sondern muss in jeder Generation neu im Glauben ergriffen werden. Die kirchliche und missionarische Arbeit ist daher von Vorläufigkeit gekennzeichnet, welche uns tiefer auf Gottes Heilsplan vertrauen lässt.
Lebensform Nr. 28:
Gott vertrauen und miteinander teilen: „Im Geist der Armut anerkennt der Comboni-Missionar seine eigene Unzulänglichkeit und vertraut mehr auf das Wort Gottes als auf menschliche und natürliche Mittel. Er akzeptiert die Pläne Gottes auch bei Misserfolgen und Fehlschlägen und teilt soweit als möglich die Lebensbedingungen der Armen, unter denen er arbeitet.“
Lk 9,57-58
„Ein Mann redete Jesus an und sagte: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“