Die Corona-Pandemie ist auch an den Comboni-Missionaren nicht vorübergegangen. Bis zum Redaktionsschluss Ende Januar 2021 sind 31 Mitbrüder an oder mit Corona gestorben.
Am heftigsten traf es die italienische Provinz. Aus Italien stammt knapp ein Drittel der 1510 Mitglieder der Kongregation. Besonders betroffen war das Senioren- und Pflegeheim der Provinz in Castel d‘Azzano in der Nähe von Verona mit zusammen 45 alten und kranken Mitbrüdern. Ende Oktober erkrankten dort die ersten und in den Monaten November und Dezember starben 18 von ihnen.
Deutschsprachige Provinz
Von der deutschsprachigen Provinz war vor allem die Hausgemeinschaft in Ellwangen mit 18 Mitbrüdern betroffen, vier von ihnen pflegebedürftig. Kurz nach Weihnachten wurde der erste positiv getestet, Pater Josef Uhl. Bei den nachfolgenden Tests wurden 13 weitere positiv getestet. Zwei von ihnen starben Anfang Januar: Bruder Rudolf Olbort und Pater Josef Uhl. Natürlich waren während der kritischen Zeit auch alle übrigen Hausbewohner in häuslicher Quarantäne.
Ein weiterer Mitbruder, Pater Silvester Engl, starb am 11. Dezember in Bruneck an Krebs. Tage vor seinem absehbaren Tod infizierte er sich noch im Krankenhaus mit Corona.
Bei den Combonis weltweit
In Spanien, Brasilien, Mexiko und Uganda starben weitere acht Mitbrüder an der Pandemie, unter ihnen auch der vielen deutschen Missionsfreunden bekannte Bruder Elio Croce im Alter von 76 Jahren.
Er wurde mitten aus einem aktiven Leben herausgerissen. Ohne andere Mitbrüder zurückzusetzen kann man sagen: Er war ein großartiger Mensch. In Uganda werden viele um ihn trauern, vor allem jene, die im Kriegswaisenhaus lebten, das er vor 25 Jahren gegründet hatte, als in Norduganda ein blutiger Bürgerkrieg tobte. Noch zwei weitere Mitbrüder starben, Bruder Benito Ricci, ein Mitarbeiter von Bruder Konrad Tremmel, und Pater Jesús Aranda, der mit Bruder Erich Fischnaller zusammengearbeitet hat. Sie starben mit 79 beziehungsweise 68 Jahren. Sein Mitstreiter von damals, Pater Josef Gerner, erkrankte gleichzeitig an Corona, überstand aber die Krankheit trotz seiner 85 Jahre.
In den Provinzen der Comboni-Missionare in Übersee hielten sich die unmittelbaren Folgen der Pandemie in Grenzen. Die meisten afrikanischen und auch südamerikanischen Mitbrüder sind noch jung. Vielleicht haben viele Menschen dort überhaupt eine gewisse Resistenz gegen Viren als Krankheitserreger, und sicher wurde auch viel weniger getestet, vor allem auf dem Land. Was besonders die Armen in diesen Ländern sehr getroffen hat, waren die verordneten Beschränkungen, wenn keine Busse mehr fuhren und keine Taglöhner gebraucht werden. Viele Menschen leben dort von dem, was sie am selben Tag verdienen.
Allen, hier und dort, ist in diesen Monaten klar geworden, was Mitmenschlichkeit und Aufmerksamkeit bedeuten, wie sehr wir uns gegenseitig brauchen und wie hilfreich ein trostvolles Wort in der Not ist.
Erfahrung von Solidarität
So haben also auch die Comboni-Missionare ihren Anteil an Sorge, Hoffen, und Bangen und an der Trauer im Umfeld dieser Pandemie erfahren, wie viele andere auch. Erfahren haben wir aber auch viel Solidarität und Hilfsbereitschaft, angefangen bei den Angestellten über spontane Hilfe von Freunden aus der Nachbarschaft bis hin zu einer Ärztin sowie Pflegerinnen und Pflegern, die zum Teil in ihrem Urlaub eingesprungen sind und geholfen haben.
Allen, hier und dort, ist in diesen Monaten klar geworden, was Mitmenschlichkeit und Aufmerksamkeit bedeuten, wie sehr wir uns gegenseitig brauchen und wie hilfreich ein trostvolles Wort in der Not ist.
Es folgen Nachrufe zu den in den letzten Wochen verstorbenen Mitbrüdern der deutschsprachigen Provinz. Einer von ihnen, Bruder Martin Ploner, ist in Mexiko, aber nicht an Covid-19 gestorben.
Bruder Rudolf Olbort
Über seinem Leben liegt eine gewisse Tragik. Er war sechs oder sieben Jahre alt, als seine Familie aus dem kleinen Ort Milbes bei Olmütz in Tschechien vertrieben wurde, gerade in einem Alter, in dem die Kinder in die Schule kommen. Die neue Heimat wurde Göggingen bei Schwäbisch Gmünd. Der Bub wollte Priester werden, aber so sehr er sich auch mühte, mit diesen schlechten Voraussetzungen konnte er am Gymnasium nicht mithalten. Pater Bauer im Josefinum riet ihm deshalb, Brudermissionar zu werden. „Schau mal Deine Hände an, die sind für etwas anderes besser zu gebrauchen“, meinte er. Rudolf hatte in der Tat auffallend kräftige Hände und Arme.
Sein erster Arbeitsplatz als Brudermissionar war die Landwirtschaft in Josefstal, damals noch im alten, dunklen Gebäude. Bald nach dem Noviziat 1961 machte er im Kloster Neresheim eine Ausbildung als Landwirt, die er mit der Meisterprüfung abschloss. 1969 wurde er nach Südafrika gerufen. Damals waren dort die meisten Missionsstationen auf Farmen, die von Brüdern bearbeitet wurden. Ab 1975 wieder zurück in Josefstal bildete er dort fortan Lehrlinge aus und war die Vertrauensperson auch der Lehrlinge in den anderen Berufen. 1980 wurde er als erster Brudermissionar überhaupt in den Provinzrat gewählt.
Mitten in diese Zeit hinein erlitt er mit kaum 50 Jahren einen schweren Schlaganfall. Er musste mühsam wieder wie ein Kind sprechen lernen, die Feinmotorik ging ihm abhanden. Nur mit Mühe konnte er ausdrücken, was er mitteilen wollte. Verständlich, dass er oft die Geduld verlor, mit seinem Schicksal haderte und so oft genug auch auf Unverständnis traf.
Zunächst ging er dann nach Mellatz und organisierte sich eine kleine Herde Schafe. Hier fühlte er sich wieder in seinem Element. Dann allerdings kamen weitere gesundheitliche Probleme. Er kam in die Seniorenabteilung nach Ellwangen, wo er bis zu seinem Tod am 7. Januar 2021 lebte.
Pater Dr. Josef Uhl
Ein ganz anderer Mensch war Pater Josef Uhl, ein Intellektueller, Philosoph, Professor, wenn er sich auch auf seinen Dr.phil. nie viel eingebildet hat. Interessant ist übrigens, worüber er promovierte: nicht über einen der vielen christlichen Philosophen und ihre Theorien, sondern über den Atheisten Ludwig Feuerbach. Das drückt viel über sein Wesen aus. Er wollte immer auch die andere Seite kennen und hören, war immer ein unabhängiger Denker. Intensiv hatte er sich auch mit dem Islam auseinandergesetzt. Nicht umsonst ist er darum auch als Professor der Philosophie an das theologische Seminar in Khartum im Sudan berufen worden.
Pater Josef ist 1934 in Unterschneidheim bei Ellwangen in einfachsten Verhältnissen geboren worden. Der begabte Bub sollte natürlich studieren. So kam er, wie andere aus seinem Ort, ins Josefinum in Ellwangen. Nach dem Noviziat schickte man ihn zum Studium nach Rom, wo er mit der Promotion abschloss. 1963 empfing er die Priesterweihe.
Die ersten zehn Jahre lehrte er die Novizen Philosophie, betreute die Theologiestudenten und gehörte der Provinzleitung an. Es war eine Zeit des Umbruchs, die berühmten 68er-Jahre. Die Zahl der Theologiestudenten ging stark zurück und der Plan einer ordensinternen Ausbildung musste aufgegeben werden. Deswegen bekam er 1973 Sendung nach Malawi. Weil er für dieses Land kein Visum erhielt, kam er nach Kenia und wirkte dort als einfacher und unermüdlicher Missionar.
Wieder zehn Jahre später rief ihn die Generalleitung als Generalsekretär für Evangelisierung nach Rom. Als solcher bereitete er die ersten Einsätze der Kongregation in Asien vor und kam dabei buchstäblich bis an die Tore Chinas. Er erinnerte sich an ein Theaterstück damals im Josefinum, wo er als Schüler den Hl. Franz Xaver spielte, der auf der Insel Shangchuan vor seinem Traumziel China starb.
Auf die Zeit in Rom folgten ab 1997 die 13 Jahre als Professor für Philosophie in Khartum. Eine enorme Herausforderung in einem muslimischen Umfeld, nicht zuletzt auch wegen der arabischen Sprache.
2011, mit inzwischen 74 Jahren, ging er nach Limone ins Geburtshaus Combonis und war Ansprechperson vor allem für deutschsprachige Besucher, aber auch für solche anderer Länder, bis es seine Gesundheit nicht mehr zuließ. Die letzten Jahre war er in der Seniorenabteilung in Ellwangen bis zu seinem Tod am 9. Januar 2021.
Pater Silvester Engl
Er ist am 31. Dezember 1937, also an Silvester, in Gais in Südtirol geboren als elftes von 13 Kindern. Vielleicht waren alle gängigen Namen an die Geschwister bereits vergeben. Darum gaben sie ihm den Namen des Tagesheiligen, Silvester. Nach der Ausbildung in Brixen und Mellatz wurde „Vestl“, wie er allgemein genannt wude, 1964 in Brixen zum Priester geweiht. Sein weiteres Leben spielte sich zwischen Spanien, Peru, Deutschland und Südtirol ab, meist in verantwortungsvoller Funktion. Zuerst als Heimleiter und Erzieher in Brixen, dann in der gleichen Funktion in Saldaña in Spanien. Er war einer der ersten Mitbrüder beim Aufbau des großen Schülerheims in Saldaña.
Dann kam der Ruf nach Peru. Von 1985 bis 1999 war er Pfarrer in Chorrillos, einem großen Armenviertel in Lima, und dann Provinzoberer in Peru. Es war wohl die glücklichste und fruchtbarste Zeit seines Lebens.
1999 wählten ihn die deutschsprachigen Mitbrüder zu ihrem Provinzial. Nach dem Ende seiner Amtszeit war er Hausoberer und Pfarrer in Südtirol.
Schon seit Jahren litt er an Krebs. In den letzten Monaten verschlimmerte es sich und ganz zum Schluss infizierte er sich noch mit Covid-19.
Bruder Martin Ploner
Es war schwierig, von ihm ein einigermaßen gutes Foto zu finden. Selbst auf Gruppenfotos stellte er sich immer ganz hinten auf.
Geboren ist er am 30. Januar 1929 in St. Martin in Thurn in Südtirol. Mit 23 Jahren kam er als Bruderpostulant nach Brixen, 1960 war er unter den Ersten, die 1960 in Spanien anfingen. Die Kongregation hatte in Palencia eine Landwirtschaft erworben als Ausgangspunkt für die Gründung von zwei Studienhäusern. Zwanzig Jahre war Bruder Martin dort Herr über den Stall. Noch heute reden spanische Mitbrüder mit Bewunderung über diese Brudermissionare von damals, über ihren Einsatz, ihre Bescheidenheit und auch über ihren Sachverstand, und erwähnen dabei besonders Bruder Martin. Die Hoffnung der Kongregation war damals auch, Kandidaten für den Bruderberuf zu gewinnen. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Auch Spanien erlebte damals einen großen gesellschaftlichen Wandel. Junge Leute bewunderten Menschen wie Martin, aber sie dachten nicht daran, in ihre Fußstapfen zu treten. Landwirtschaft und Stall wurden aufgegeben. Als die letzte Kuh verkauft wurde, hatte Martin Tränen in den Augen.
1983 kehrte er in die ihm inzwischen fremd gewordene Heimat zurück. Auch hier waren die Landwirtschaften inzwischen aufgegeben worden. Ein Jahr später erhielt Martin eine Einladung, nach Mexiko zu gehen. Die Sprache war ihm ja geläufig. Für junge Mexikaner war der Südtiroler zwar ein liebenswürdiger Exot, aber auch Sinnbild der internationalen, weltweiten und vielseitigen Ausrichtung der Kongregation. Sie schätzten seine liebenswürdige Bescheidenheit und Lebensweisheit.
So ist er alt geworden. Vor Jahren musste ihm ein Bein amputiert werden. Als er selbst nicht mehr mobil war, hat er bis zum Schluss umso mehr aufmunternde Briefe geschrieben, mit zittriger Hand, an Mitbrüder und Freunde. Er starb in Guadalajara am 6. Januar 2021 mit fast 92 Jahren.
P. Reinhold Baumann