Beim Weltsozialforum (WSF) vom 10. bis 19. März 2018 in Salvador de Bahia in Brasilien war auch eine Gruppe von Comboni-Missionaren und -Missionsschwestern. Unter ihnen Schwester Teresita Cortés Aguirre aus Mexiko. Sie berichtet:

Ich vermute, dass die Themen des Weltsozialforums auf der Agenda der Vereinten Nationen nicht an oberster Stelle stehen. Selbst wenn beide von „nachhaltiger Entwicklung“ oder vom Klimawandel sprechen, meinen sie nicht dasselbe. Erst recht, wenn man an das Weltwirtschaftsforum in Davos denkt: Dort geht es um die Interessen der so genannten „entwickelten“ Länder. Die Sorgen der anderen Länder bleiben außen vor.

In Salvador der Bahia war zu sehen, wie der Süden der Welt sich für neue soziale und ökologische Themen öffnet. Zu sehen war eine Vielfalt von sozialen Bewegungen, die mit viel Kreativität Lösungen suchen und überzeugt sind, dass eine andere Welt möglich ist.
Die meisten der Teilnehmer am Forum gehörten keiner offiziellen staatlichen Behörde an. Es waren Leute, die eher in zivilen, religiösen und alternativen Gremien engagiert sind.
Das Motto des diesjährigen Forums war: „Resistere, Creare, Transformare“. Es war ein „Multi-culti-Forum“ und vor allem war es ein Forum der Jugend. Es waren junge Leute nicht nur aus Brasilien, die auf einen zugegangen sind, dich umarmt und dir einen Kuss geben haben.
Eine Rolle hat auch die gegenwärtige politische Situation in Brasilien gespielt, vor allem das Verfahren gegen den früheren Präsidenten des Landes, Lula da Silva, dem Korruption vorgeworfen wird, was viele für eine verleumderische Kampagne seiner politischen Gegner halten.
Überschattet war das Forum vom Mord an der 38-jährigen Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco, die am 15. März in Rio de Janeiro ermordet wurde. Sie war Abgeordnete des Stadtparlaments von Rio und überwachte eine Mitte Februar begonnene Militäroperation. Dabei hatte sie Anklage gegen Polizisten erhoben. Die Ermittler gehen von einem politischen Mord aus. Dieser Mord an der populären Menschenrechtlerin mitten während des Forums löste bei vielen Teilnehmern Betroffenheit, Trauer und auch Wut aus.
Manche kritisierten die etwas, wie sie sagten, chaotische Organisation. Doch demgegenüber steht die Leichtigkeit, mit der man sich begegnen konnte. Für mich war es ein dynamisches und inhaltlich tiefgehendes Forum. Bedauert habe ich die fehlende Resonanz in den Medien. Getroffen habe ich einen Journalisten vom Bayrischen Rundfunk, der mich und zwei Mitbrüder aus Kenia interviewt hat, und einen weiteren Radioreporter, der eine Gruppe von Jugendlichen über die gegenwärtige politische Situation in Brasilien befragte.

Aus der Schlussbotschaft der Comboni-Teilnehmer
„Salvador ist ein Ort des Widerstands und der Kultur der schwarzen Nachkommen aus Afrika, das heißt, der ehemaligen Sklaven. Darum das Motto: „Widerstand heißt (Neues) schaffen – Widerstand heißt verändern“-
Auf dem Weltsozialforum wurden vom Comboni-Network Workshops vor allem zu folgenden Themen angeboten: Landraub (Ankauf riesiger Flächen durch Investoren anderer Länder), die Situation im Kongo und im Südsudan sowie die Gewalt und Diskriminierung gegenüber Frauen. Wir wollten durch unseren Einsatz als Missionarinnen und Missionare zeigen, dass eine andere Welt möglich ist. Wir hatten einen Stand, auf dem wir mit vielen Menschen ins Gespräch kamen. Viele von uns besuchten auch zahlreiche andere Workshops, die angeboten wurden, wie zum Beispiel über „Theologie und Befreiung“, „Widerstand der indigenen und afrikanisch stämmigen Völker“ sowie „Migration“.
Der Tagesablauf wurde immer wieder durch Elemente der Spiritualität aufgehellt. In unseren Überlegungen haben wir uns mit den neuen Herausforderungen der Mission auseinandergesetzt. So wollen wir in Zukunft den Laien mehr Raum geben für ihre Mitarbeit. Angesichts der Tatsache eines ungezügelten Neoliberalismus sind wir eingeladen, die Armen ins Gespräch zu bringen und den Glauben an die Gegenwart von Gottes Geist zu festigen, der mit uns in der Geschichte unterwegs ist.“

 

Schwester Teresita mit Annette Schavan und Walter Kardinal Kasper in Rom.

Schwester Teresita Cortés Aguirre

aus Guadalajara in Mexiko war von 1986 bis 2003 in Deutschland tätig, zuletzt in Nürnberg im so genannten „Fenster zur Welt“. Nach einigen Jahren in ihrer Heimat Mexiko ist sie jetzt wieder in Europa. Ihr Auftrag ist Lobbyarbeit für eine gerechtere Welt. Ihr Sitz ist in Rom, doch ist sie viel unterwegs zu Veranstaltungen mit den Netzwerken, so auch, wie dieses Jahr, beim Weltsozialforum in Salvador de Bahia in Brasilien.
In Deutschland hat sie unter anderem die Gruppe JUMISU (Junge Missionare unterwegs) gegründet und begleitet. Einige der damals Jugendlichen sind heute in Südafrika, Kambodja und Kenia tätig.
Vor und nach ihrer Tätigkeit in Deutschland war sie 14 Jahre in Kenia, unter anderem mit Pater Josef Gerner in Kariobangi, einer großen Pfarrei in einem Armenviertel von Nairobi. Die Zeit in Deutschland, sagt sie, war für sie eine prägende Zeit. Sie möchte sie nicht missen.

Zusammengefasst und bearbeitet
von Pater Reinhold Baumann