Wir sind 4 Comboni-Missionare aus Italien, Äthiopien, Uganda und Deutschland. Old Fangak liegt im Nordwesten des Bundesstaates Jonglei, der gewaltreichsten Region des Landes. Die Bevölkerung gehört zum Volk der Nuer, die zweitgrößte ethnische Gruppe des Südsudan mit knapp 2 Millionen Menschen. Seit vielen Jahrzehnten gab es vereinzelt Christen in der Gegend, die zuerst durch die presbyterianische Kirche vom Evangelium erfahren haben. Katholische Nuer haben unsere Kirche zunächst als Flüchtlinge außerhalb ihrer Heimat kennen gelernt (z.B. in Khartum oder in Äthiopien). Sie sind als Laien bzw. Katechisten noch während des Bürgerkrieges zurück gekehrt und haben katholische „Gemeinden“ ohne Priester gegründet. In den 70er und 80er Jahren sind tausende Nuer durch diese Katechisten zu Christen geworden. Nach Old Fangak kam die „Amtskirche“ erst im Jahr 1998. Es waren die Comboni-Missionare Pater Antonio Labraca und Bruder Hans-Dieter Ritterbecks. Heute gibt es in der Pfarrei etwa 10.000 Katholiken in 12 selbständigen Zentren mit jeweils etwa 3-4 Kapellen. Jedes Zentrum ist relativ eigenständig in seinen Aktivitäten, denn die Entfernungen sind sehr groß. Von der entlegendsten Kapelle nach Old Fangak sind es 4-6 Tage Fußmarsch. Straßen gibt es keine. Insgesamt hat das Pfarrgebiet eine Fläche zwischen 40 und 50 tausend km². Das entspricht etwa der Fläche Niedersachsens.
Die Menschen haben an uns die Erwartung, die christlichen Gemeinden zu stärken und Bildung zu fördern. In der Pastoral sind wir Combonis vollständig auf die Katechisten angewiesen, die jeder für eine oder mehrere Kapellen verantwortlich sind und im Alltag faktisch als Gemeindepfarrer auftreten. Wir Ausländer besuchen die Kapellen so oft wie möglich, sind aber nur Besucher. Damit die Christen kompetent im Glauben begleitet werden, organisieren wir jedes Jahr jeweils im März und im September einen Katechistenkurs in Old Fangak. Neben der Bibel wird auch Englisch unterrichtet. Keiner der Katechisten hat die Grundschule beendet, und für sie ist der Kurs die einzige Fortbildung, zu der sie Zugang haben. In der Nachbarpfarrei in Leer, die auch von den Comboni-Missionaren begleitet wird, gibt es eine 1-jährige Katechistenausbildung, wo außer der Theologie auch Landwirtschaft und „civic education“ (eine Art Einführung in Demokratie und Bürgerrechte) gelehrt werden. 2013 werden wir einige unserer Leute dort hinschicken. Ausgaben in der Pastoral sind vor allem die Katechistenkurse, bei denen Lebensmittel, Bibeln und Fotokopien und anderes gebraucht werden. Diese Ausgaben lagen bei etwa 3000 Dollar im Jahr 2012.
Wir bauen auch jedes Jahr in jeweils einer Kapelle eine Halle mit Wellblechdach, weil die traditionellen Grasdächer nach 2-3 Jahren erneuert werden müssen. Die Halle dient der Dorfgemeinschaft als Versammlungsort: Unter der Woche als Schule, falls es einen Lehrer gibt, und am Sonntag als Gebetsraum. Eine solche Halle dürfte rund 8.000 Dollar kosten (Material und Transport, der Bau erfolgt in eigener Regie).
Als Comboni Missionare fühlen wir uns auch für Schulbildung verantwortlich. Die globalisierte Welt erreicht langsam das Buschland, obwohl es in Old Fangak z.B. noch kein Strom-/Handynetz, UKW-Radio oder Fernsehen gibt. Wasser kommt aus einem Brunnen. Der Südsudan ist durch den Jahrzehnte langen Bürgerkrieg in der Entwicklung weit zurück geworfen. 4 von 5 Südsudanesen sind Analphabeten. Die meisten Kinder und Jugendlichen in diesem Land werden auch in den nächsten Jahren keine Möglichkeit haben, zur Schule zu gehen, weil die nächste schlicht zu weit entfernt liegt. Bei uns ist die staatliche Schule in Old Fangak die einzige in einem Umkreis von ca. 3 Tagen Fußmarsch. Es fehlt der Regierung an ausgebildeten Lehrern, aber auch an der nötigen Infrastruktur und Geld, flächendeckend Bildung anzubieten.
Unser Ziel innerhalb der Pfarrei ist es, in möglichst vielen Zentren eine kirchliche Basisschule wenigstens bis zur 4. Klasse zu haben, damit Kinder (und Erwachsene) Lesen und Schreiben lernen. Dazu schicken wir Kandidaten zur katholischen Initiative „Solidarity with South Sudan“ (http://www.solidarityssudan.org/). Die zukünftigen Lehrer werden nicht vom Staat eingestellt werden, weil es sich um eine Privatinitiative handelt. Sie werden also freiwillig unterrichten, aber von ihrer Gemeinschaft als „Bezahlung” Nahrung oder Saatgut erhalten (manchmal auch ein wenig Geld). Jedes Zentrum unserer Pfarrei muss zunächst entscheiden, ob es Kandidaten gibt, die zur Ausbildung entsendet werden. Es ist wichtig, dass die Initiative von der jeweiligen Gemeinschaft ausgeht und alle sich einig sind, sonst wird die entsandte Person nicht verlässlich unterrichten, oder die Leute sammeln keine Naturalien für den Lehrer. Wir haben für 2013 schon Geld erhalten, um 3 Personen als Lehrer auszubilden. Es ist aber wahrscheinlich, dass wir im Laufe des nächsten Jahres anderweitig in Bildung investieren (Ausbildung, Bücher, Schulmaterial, usw.) und dazu Spenden verwenden werden.
Pater Gregor Schmidt