Liebe Verwandte, Freunde und Wohltäter,
wie jedes Jahr befinde ich mich kurz vor der Adventszeit zu meinen Jahresexerzitien in Gulu. Gott schaut auf mich, auf dich mit einer grenzenlosen Liebe wie zu Beginn der Schöpfung. Gott ist gut und er sieht in mir, in dir Gutes. Doch wie erlebe ich mich selbst? Nehme ich mir Zeit, seine liebende Gegenwart zu spüren? Kürzlich erhielt ich ein Päckchen, asu dem auch ein Nikolaus aus Schokolade hervorkam. Außen war er glänzend und bunt verpackt und darunter süße Schokolade. Doch innen: ein Hohlraum.
Manchmal ist es in unserem Leben ganz ähnlich: nach außen wirken wirkt alles unbeschwert, glänzend, beeindruckend. Wir leisten viel, wir erleben viel, von dem wir viel erzählen, und wir haben viel, von dem wir meinen, dass wir es unbedingt brauchen …
Wenn wir aber einmal hinter all das Glänzende von Erfolg, Leistung und Besitz schauen, spüren wir manchmal eine große Leere. Vielleicht ist diese Leere aber auch notwendig – denn nur indem ich mich ihr stelle, indem ich diese ganz grundsätzlichen Fragen nach dem Sinn, der Erfüllung meines Lebens aushalte, entdecke ich etwas ganz Wichtiges: meine Sehnsucht nach Liebe, Tiefe, nach Sinn und Halt – nach Gott. Er schaut mich an wie junge Eltern, die ihr Neugeborenes als Wunder des Lebens bestaunen.
Am 24. Dezember ist Weihnachten. Gott kommt zu uns. Er schaut und mit einem liebenden Blick an und weiß, dass er uns gut geschaffen hat. Glauben wir an das Gute in uns und wir werden Gutes verbreiten.
Gerne berichte ich euch über einige Begebenheiten, die sich im Laufe dieses Jahres hier in Matany ereignet haben.
Mit großer Freude konnten wir zu Beginn des Jahres die erweiterten Räumlichkeiten unseres Labors beziehen. Jetzt ist mehr Platz und so sind die verschiedenen Bereiche klar eingeteilt. Wie jedes Jahr gibt es im Januar einen Engpass an Blutkonserven, da die Hauptblutspender, Schüler und Studenten, in den Ferien sind und somit Blutspendeaktionen in den Schulen ausfallen.
Der 11. Februar ist weltweit der Tag der Kranken. Dazu laden wir immer unseren Ortsbischof zum Gottesdienst ein. Dieses Jahr hatte Bischof Damiano anlässlich des Jahres der Barmherzigkeit die Idee, auch eine heilige Pforte zum Krankenhaus zu segnen. Er meinte, dass viele unserer Patienten das Erbarmen und die Heilung Gottes hier erfahren.
Im Februar waren Präsidentschaftswahlen, die allerdings keine Veränderung gebracht haben. Präsident Museveni ist nun über 30 Jahre an der Macht, die er sich nicht ohne weiteres nehmen lassen will. Viele, insbesondere Jugendliche, waren enttäuscht. Doch das höhere Ziel, dass es im Land friedlich ist / bleibt, ist den Menschen im Land sehr wichtig! …
Auch dieses Jahr hatten wir im Frühjahr lieben Besuch aus der Heimat. Es ist wunderbar, Freunde zu haben, die unsere Situation kennen und uns weiterhin mit viel Engagement unterstützen. Eine Besuchergruppe erlebte im Brüsseler Flughafen den Terroranschlag und blieb Gott sei Dank unversehrt. Ihre Ankunft verzögerte ich allerdings.
Unser erster Fünfjahresplan wurde in unserer Aufsichtsratssitzung im Frühjahr evaluiert. Wir stellten fest, dass wir die uns gesteckten Ziele fast alle erreicht haben. Ein zweiter Fünfjahresplan wurde dann in den verschiedenen Gremien mehrmals diskutiert und in der zweiten Jahreshälfte vom Krankenhausaufsichtsrat beschlossen.
Im Sommer erhielten wir die lang ersehnte Sauerstoffanlage, die uns dann Dr. Ullrich aus Landsberg mit Sohn Johannes und zwei Monteuren aus Deutschland zusammen mit unserem technischen Team in Betrieb genommen haben. Außerdem erhielten wir einen neuen Autoklaven für unsere OP und neue Lampen für die Operationssäle. Nach anfänglichen technischen Herausforderungen wurde das Gerät neu eingestellt und liefert nun den kostbaren Sauerstoff an die verschiedenen Stationsgebäude.
Im September haben wir uns ein Gewächshaus angeschafft, um auch in der Trockenzeit Gemüse, insbesondere Tomaten, zu haben. Joseph, ein junger Mann den ich als dreijährigen Waisenjungen in Kalongo kennengelernt habe und der nach seiner mittleren Reife zwei Jahre Landwirtschaft und später Tierhaltung gelernt hat und kürzlich seine Ausbildung abgeschlossen hat, bewirtschaftet das Gewächshaus und die daneben angelegten Gemüsebeete, wo Zucchini, gelbe Rüben, Rote Rüben, Kraut, Gurken, etc. angebaut wurden.
Viele haben mich gefragt: wazu ein Gewächshaus in Afrika, wo es eh immer warm ist. Nun, es sind gerade die starken Sonnenstrahlen, die etwas gedimmt werden, und dann wird auch die Austrocknung, insbesondere in der heißen Trockenzeit mit den stürmischen Winden, verhindert. Mit Tröpfchenbewässerung werden die Pflanzen gezielter mit Feuchtigkeit versorgt.
Anfang nächsten Jahres wollen wir uns einige Milchziegen anschaffen, um wertvolle Ziegenmilch für die Unterernährtenstation zu bekommen und diese dann statt dem teuren Milchpulver einzusetzen. Ihr seht also, uns gehen die Ideen nicht aus.
Im Oktober und November hatten wir eine große Frauenkrebskampagne, die sehr gut angenommen wurde. In unserer Gegend ist die Hepatitis B-Rate sehr hoch und es wurde eine Massenimpfung eingeleitet. Allerdings haben wir noch keine Medikamente für die betroffenen Personen erhalten, die mit Hepatitis B infiziert sind. Diese sollen alsbald eingeführt werden.
Eingangs habe cih von einer inneren Leere gesprochen, die wir immer wieder in unserem Leben spüren. Gott hat uns in Jesus unwiderruflich zu Erkennen gegeben, dass Er um unsere Sehnsucht nach Leben in Fülle, nach Sinn und Liebe weiß und mit seiner Gegenwart ausfüllt. Gönnen wir uns jetzt in dieser ruhigen Jahreszeit immer wieder Momente der Gottesbegegnung.
Euch allen segensreiche Weihnachten und für das Neue Jahr viel Grund zur Dankbarkeit.
Euer Bruder Günther