Hallo ihr lieben Leute,

ich schreibe ab jetzt meine Rundbriefe anders und versuche verschiedene Sachen zu beschreiben, wie ich sie erlebt habe und werde nur noch von besonderen Ereignissen berichten.

Wahl von Obama

Ich hatte eigentlich mehr Aufregung nach der Wahl von Obama erwartet, aber das Leben geht hier weiter wie immer. Ab und zu hört man mal jemanden Obama rufen oder jemand trägt ein T-Shirt. Die meisten, die ich kenne, wissen aber, dass er der Präsident von Amerika ist und nicht von Kenia. Dank der Wahl Obamas zum Präsidenten hatten wir am nächsten Tag in Kenia einen „Public Holliday“ und ich musste nicht arbeiten.

Ich muss leider auch von einem unschönen Ereigniss berichten. Als ich am Samstagmorgen (8.11.08) mit dem Matatu gefahren bin, habe ich einen Toten auf der Straße bei Kivuli gesehen. Er wurde mit einem Stein, in der Nacht, erschlagen und auf ihm lag ein rießiger Steinbrocken. Man hat mir gesagt, dass er in der Nacht eingebrochen und gestohlen hatte und deshalb gesteinigt wurde. Selbstjustiz kommt oft vor, vor allem bei Gruppen – einem Mob.

Meine Arbeit

Bei meiner Arbeit im Children Department mache ich zum einen sogenannte „Home Visits“, das heißt ich besuche die Familien bzw. die Vormünde der Jungs vom Kivuli Centre mit Martha oder Cinthia – beide ebenfalls Volunteers (Freiwillige). Bei den Home Visits wird versucht, die Jungs in ihre Familien zurück zu integrieren und bei den Besuchen die Situation dort zu erkennen, ob es möglich ist die Jungs zurück in ihre Familien zu bringen. Viele Familien erhalten danach Geld vom Kivuli Centre für die Schulgebühren, weil sie sie selber oft nicht aufbringen können.

Zum anderen mache ich „School Visits“, das heißt ich besuche (auch manchmal mit Martha oder Cinthia) die Schulen, in die die Kivuli Jungs gehen und sorge dafür, dass die Schulgebühren bezahlt werden, erfahre wie die Jungs in der Schule sind oder gehe zu Meetings, zu denen normalerweise die Eltern gehen würden. Im November waren oft „Prayer days“ (Gebetstage), zu denen ich gegangen bin. Da wird für die Examen, für die Abschlussprüfungen, der Schüler gebetet.

Einmal in der Woche (und ab und zu Samstags) gehe ich ins Kivuli Ndogo, das nicht weit entfernt vom Kivuli Centre liegt. Das Kivuli Ndogo Drop In ist ein kleines Centre, in das Straßenkinder jeden Tag kommen können und dort Frühstück und Mittagessen bekommen, und dazu gibt es noch etwas Unterricht, weil sie nicht immer in die Schule gehen (können). Ich helfe dort meist beim Kochen oder spiele mit den Kindern.

Die Straßenkinder sieht man oft außerhalb des Kivuli Ndogo Schuhkleber schnüffeln, der wie eine Droge wirkt und sehr gesundheitsschädlich ist. Neuderdings steigen aber viele auf „Jet Fuel“ (Kerosin) um, weil das stärker wirkt. Es werden aber auch Drogen wie Marihuana konsumiert. Viele benützen die Drogen, weil dadurch der Hunger unterdrückt wird. Die Straßenkinder, die ins Kivuli Ndogo kommen, finde ich aber sehr vernünftig, auch wenn einige von ihnen weiterhin Drogen nehmen. Wenn sie dorthin kommen, dann wollen sie freiwillig etwas lernen.

Die Straßenkinder sammeln meist Plastik und Metalle, die sie an Recyclinghändler verkaufen, um sich damit ihr Essen zu kaufen. Natürlich müssen auch viele klauen, um zu überleben. Die Straßenjungs können unglaublich viel essen. Mindestens doppelt oder dreifach so viel wie ich und dabei sind sie nichtmal halb so groß wie ich. Die Kinder können auch sehr gut tanzen und singen bzw. rappen. Damit gewinnen sie ab und zu bei Wettbewerben.

Gründe, warum es Straßenkinder gibt, sind unter anderem, dass die Eltern nicht genügend Geld haben, um ihre Kinder zu versorgen und die Kinder deshalb auf die Straße gehen. Ein anderer Grund ist, dass manche daheim von den Eltern misshandelt und geschlagen werden, weil der Vater evtl. ein Alkoholiker ist oder sonstige Drogen nimmt und sie deshalb abhauen. Anderen wieder gefällt das Leben auf der Straße, weil sie dort mit ihren Freunden in einer Gemeinschaft leben (überleben) oder ihr Zuhause ist ihnen zu klein oder es gefällt ihnen nicht. Dann kann es auch wieder sein, dass ein oder beide Elternteile die Kinder im Stich lassen und sich nun niemand um sie kümmert geschweige denn versorgt. Es kommt natürlich auch vor, dass die Eltern sterben z.B. an AIDS und die Kinder zurücklassen. Normalerweise könnten die Kinder auch bei ihren Verwandten unterkommen, aber auch die können nicht immer die anderen Kinder mitfinanzieren oder wollen nicht helfen.

Die Kinder allgemein spielen sehr gern Fußball oder machen anderen Sport und Akrobatische Nummern. Spielzeug, wie es die Kinder in Deutschland haben, sieht man fast nie.

Ab und zu gehe ich mit Tiberias (Streetworker vom Kivuli Ndogo Drop In) auf die Straße zu den Straßenkindern und besuche die Orte, an denen sie sich sammeln. Dort sieht man Kinder und Jugendliche „herumhängen“, die mit Klebstoff oder Jet Fuel vollgedröhnt sind und nur löchrige Klamotten anhaben. Wenn man als Mzungu dort hinkommt, muss man ihnen etwas zu essen kaufen, sonst könnte es sogar gefährlich werden, wenn man nichts für sie hat.

Ab und zu besuche ich auch andere Projekte. Die Jungs oder Mädchen sagen immer, dass ich wieder kommen muss, was ich auch mache, weil es mir sehr viel Spaß macht, mit ihnen zu spielen, mich mit ihnen zu unterhalten oder zu kochen bzw. zu backen.

Menschen (betrifft nicht alle)

Ein Problem ist der Alkohol. Man sagt aber, diejenigen die Alkohol getrunken haben, können fließend Englisch reden, auch wenn sie sonst fast kein Wort reden können. Das habe ich auch schon gemerkt, als ich bei einem Home Visit mit einem Vater geredet habe, der sonst sehr schüchtern sei und fast kein Wort Englisch spräche, wie mir die Mutter erzählt hat.

Die kleinen Kinder am Straßenrand rufen einem immer „How are you“ oder Mzungu (Europäer) entgegen, wobei auch ältere zu mir Mzungu sagen. Wenn man ihnen aber auf Kisuaheli antwortet, sind sie voll erstaunt und hören auch auf über einen zu tuscheln, weil sie denken, dass man sie versteht.

Die Leute, die eine Arbeit haben verdienen meist so viel, dass sie am Ende des Monats bei Null herauskommen und können meist nur wenig sparen. Aber meistens haben die Leute gegen Ende des Monats kein Geld mehr… Viele denken nur an heute und nicht an morgen.

Das Wetter

Das Wetter ist eigentlich immer gut. Ab und zu regnet es, aber nie lang und es ist meist sehr warm und ich habe ab und zu einen Sonnenbrand, weil ich lange unterwegs bin wegen der Arbeit. Morgens und Abends ist es immer etwas frisch, aber nie kalt und sehr angenehm.

Wenn es regnet, weichen die Straßen meist immer auf und überall gibt es Matsch, weil das Wasser nicht in den Boden sickern kann wegen der lehmartigen Erde, das fast kein Wasser durchlässt. Die Straßen sind entweder aus Teer mit vielen Schlaglöchern oder bestehen aus Schotter mit Erde und noch größeren Löchern als die Teerstraßen.

Essen

Das Essen ist nicht besonders abwechslungsreich. Es gibt oft Bohnen, Reis, Mais und Kartoffeln, aber was mir gut schmeckt sind Mandazis und Chapati. Mandazis schmecken wie unsere Fasnetsküchle und sehen auch so aus. Chapatis sind wie die mexikanischen Tortillas – vergleichbar mit Crêpes, aber nicht süß und es gibt Ugali, das wie Polenta ist, nur ungesalzen, weiß und es schmeckt nach fast nichts. Es wird als Hauptbeilage zu sehr vielem gegessen.

Ich habe auch eine neue Geheimzutat für meine Cocktails entdeckt, nämlich Ingwer (engl. Ginger), der sehr erfrischend zitronig und scharf schmeckt und an heißen Tagen mit einer Bananenmilch oder ähnlich gemixten Drinks sehr gut schmeckt.

Wie man Hühnchem schlachtet und ausnimmt habe ich auch gelernt, als ich im Kivuli Ndogo mit den Straßenjungs das Mittagessen zubereitet habe.

Armin und ich kochen und backen auch sehr viel, weil wir das Essen besser vertragen und auch besser schmeckt und es uns natürlich sehr viel Spaß macht.

So jetzt bin ich am Ende angelangt.

To be continued

Grüße ins winterliche Deutschland

Dominik