Hallo ihr Lieben in Deutschland,

Hier in Arua kehrt für mich so langsam der Alltag ein. Große Aktionen, wie im letzten Monat, werden seltener, dass ist aber auch gut, denn so kann ich mich mehr der Arbeit widmen. Von Montag bis Mittwoch arbeite ich in der Krankenstation. Donnerstag und Freitag werde ich jetzt immer in der Nursery-School unterrichten, weil ich die Arbeit mit den Kindern soooooooo vermisse. Sonntags Nachmittags treffe ich mich mit den Jugendlichen aus der Pfarrei.

Meine Arbeit im Health-Center macht mir Spaß, ich verstehe mich sehr gut mit meinen Arbeitskollegen und fühle mich angenommen. Aber es ist nicht immer so einfach, die vielen kranken Kinder zu sehen.

Jeden Mittwoch kommen die Mütter mit den Kindern, die unterernährt sind. Vor ein paar Wochen kam eine Mutter mit ihrem Jungen. Er ist ein Jahr und vier Monate und wiegt 4,7 kg. Unvorstellbar!

Die Kinder werden jedesmal gewogen, so dass man sieht, ob das Kind abgenommen oder zugenommen hat. Es findet ein Vortrag statt, indem die Mütter erfahren, dass es wichtig ist, den Kindern ausreichend, gesunde Nahrung zu geben, um Krankheiten, wie Malaria,… zu vermeiden. Anschließend bekommen die Mütter Zucker, Reis, Milch, Seife mit nach Hause. Jeden letzten Freitag des Monats werden Lebensmittel für Aids-Kranke Menschen ausgeteilt. Diese beiden Projekte werden rein von Spenden der Combonis finanziert.

In der Krankenstation gibt es einen ambulanten und einen stationären Bereich. Im stationären Bereich stehen 35 Betten zur Verfügung. Aber meist sind mehr Patienten als Betten da, so dass die Menschen am Boden zwischen den Betten schlafen. Die Patienten sind meist Kinder, die an Malaria, Gastro-Enteritis… erkrankt sind. In der Regel bleiben sie zwischen 2 und 7 Tage im Health-Center. Bei schwerwiegenden Krankheiten werden sie jedoch ins Krankenhaus weiterverwiesen.

Ich arbeite im ambulanten Bereich. Dort werden die Patienten aufgenomen, untersucht und Medikamte verteilt. Ich bin für das Impfen der Kinder mit zuständig. Weiß gar nicht, wieviele Tomaten unter meiner Impfkunst gelitten haben, bis ich es endlich gelernt habe. Die Kinder werden hier gegen Tuberkulose, Polio, Diphterie, Tetanus, Hepatitis und Masern geimpft. Jede Mutter bekommt eine Karte mit nach Hause, in der das Datum der jeweiligen Impfung, sowie das Gewicht, Name, Herkunft, Geburtsdatum,… eingetragen sind.

Die hygienschen Verhältnisse im Health-Center sind sehr gut. Maria, eine Freundin von mir, arbeitet bei „Diguna“, dass ist eine Missionsstation der evangelischen Kirche; sie besuchte mich letzte Woche auf der Arbeit, und sie erklärte mir, dass dieser Health-Center typisch „katholisch“ sei. Alles sauber und gepflegt.

Ja, die Krankenstation wird von Sister Paola, einer Comboni-Schwester geleitet. Vor 35 Jahren, erzählte sie mir, stand eine alte Hütte da, mehr nicht. Sie, ihre Mitschwestern und Einheimische bauten Schritt fuer Schritt die Station auf. Schwester Paola ist nun 77 Jahre und „schmeißt den Laden“ mit links, und das mit einem Elan, unvorstellbar.

Über meine Arbeit im Kindergarten und über die Arbeit mit den Jugendlichen werde ich das nächste Mal ausführlicher berichten.

Englisch und Lugbara, zwei neue Sprachen für mich, und den ganzen Tag mit keinem Deutsch sprechen, da fällt es mir schon schwer die deutsche Grammatik zu beherrschen. (Wie man in meiner Mail sicherlich feststellt.)

Wir bereiten uns so langsam auf die Trockenzeit vor. Der Regen wird immer seltener und von Dezember bis Februar wird es sehr heiß, bis zu 40 Grad.

Kann es gar nicht glauben, dass es bei euch zu Hause kalt ist, aber es ist ja völlig normal fuer November. Und in den Supermärkten, Geschäften,… herrscht schon Vorweihnachtsstimmung, oder? Hier ganz zu schweigen. Kein Weihnachtstrubel, keine gestressten Menschen, die von einem in den anderen Laden stürzen. In Arua ist alles beim Alten. Es zählen andere Werte und Dinge: Genügend Nahrung für die Familie zu beschaffen, das Schulgeld, Klamotten und Medikamente zu finanzieren,…Da bleibt nichts übrig für Geschenke und sonstigem Schnick-Schnack.

Ja, diese Vorweihnachtszeit werde ich ganz anders erleben. Na klar werde ich die Christkindlesmärkte mit dem Glühwein- und Mandelduft, die Roratemessen in der Pfarrei, die Weihnachtsfeiern, das Plätzchen-Backen zu Hause,…vermissen, aber dieses Jahr wird für mich sicherlich ein unvergesslicher und besonderer Advent.

Ich werde mich auf das wesentliche konzentrieren können, weil ich mehr Zeit dafür nehmen kann. Es ist die Zeit des Wartens – die Zeit des Wartens auf ihn – auf unseren Herrn Jesus Christus.

Und so warten auch die Menschen hier auf den Messias, ohne Christkindlesmärkte und Weihnachtstrubel.

Herzlichkeit, Offenheit, Warmherzigkeit und Gastfreundschaft – das erlebe ich jeden Tag hier. Ich verbringe meine Freizeit mit meinen afrikanischen Freunden. Ganz oft werde ich eingeladen, und die ganze Familie, mit Eltern, Geschwistern, Neffen, Nichten,… warten auf mich und freuen sich, wenn man gemeinsam mit ihnen die Zeit verbringt. Da gibt es dann gute Sachen zu Essen, wie Kochbananen (Matoke), Süßkartoffeln mit Erdnusspaste, Schweinefleisch, Hühnchen, Leber, Reis, Kraut, Injassa,….. Mir schmeckt die afrikanische Küche sehr und alles muss ich probieren. Habe auch schon richtig zugenommen, aber meine Freunde sagen zu mir, dass ich jetzt eine richtige „afrikanische Lady“, besser gesagt ein echtes „Lugbara-Girl“ sei: Afrikanische Hüften, afrikanisches Getenge (=bunte Stoffe), Lugbara,….

An den Abenden komme ich hier viel zum Nachdenken, so dass ich immer in Gedanken bei meinem Papi und bei meiner Familie bin. Gerade jetzt an Allerheiligen. Es ist für mich unvorstellbar und ich kann es nicht fassen, dass mein Papa nicht mehr da ist, aber mein Glaube hilft mir sehr, über den Schmerz und die Trauer hinwegzukommen. Ein Comboni-Priester erklärte mir, dass die Menschen ein Geschenk sind und nicht unser Eigentum. Und wir werden uns alle wiedersehen. Unser eigentliches Ziel ist der Himmel und mein Papi hat es schon erreicht. Keine Schmerzen, keinen Kummer, keine Sorgen,…Ihm geht es gut. Auch, wenn ich ihn so vermisse. Aber Jesus sprach zu den Menschen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird in Ewigkeit leben, auch wenn er stirbt.

Ich liebe mein neues Leben hier in Arua, ich spüre, dass ich gebraucht werde, und manchmal denke ich länger hierbleiben zu wollen. Aber ich freue mich auch wieder auf euch: Auf meine kleine Nichte, auf meine Mami, Dani, dem Peter, und die Oma, auf meine Verwandten und Freunde, auf meine Arbeit im Kindergarten und in der Pfarrei.

Vielen Dank fuer eure Mails. Es freut mich sehr, von euch zu hören. Wenn ihr mir schreibt, was es daheim Neues gibt,…

So, ich wünsche euch allen alles Liebe, Gute, viel Gesundheit und Gottes reichen Segen. Bleibt alle gesund und ich schicke euch ganz viel LIEBE, WÄRME, SONNENSTRAHLEN, HERZLICHKEIT, ZUFRIEDENHEIT, GELASSENHEIT, GOTTVERTRAUEN,… von Uganda nach Deutschland.

Eure Steffi aus Arua