Nairobi, Mai 2009

Nach einem Tief habe ich mich nun in Nairobi so richtig eingelebt und ich sammle viel an Eindrücken und Erfahrungen. Mittlerweile arbeite ich in einem Haus von Mutter Teresa und die Arbeit ist erfüllend und schön, da die Atmosphäre von Fürsorge, Wärme, Liebe und Mütterlichkeit geprägt ist.

An einem Tag in der Woche arbeite ich mit Babys und Kleinkindern: sie werden jeden Tag gebadet, der Gesundheitszustand wird beobachtet und die Wäsche wird gewechselt und gewaschen. Anschließend wickeln und füttern wir sie und spielen mit ihnen.

Am anderen Tag bin ich für die Kinder mit Behinderung zuständig. Die meisten können nicht gehen bzw. sich bewegen, essen und sprechen. Manchmal malen wir oder machen ein paar Bewegungsübungen mit ihnen.

Die Arbeit mit Kindern mit Behinderung gefällt mir besonders, denn sie strahlen so eine tiefe Freude aus und sie können nichts vortäuschen. Außerdem kann man von ihnen viel lernen und man schätzt wieder mehr die kleinen Dinge.

All diese Kinder sind irgendwo auf der Straße oder im Müll gefunden worden und die Schwestern gehen mit ihnen um, als wenn es ihre eigene Kinder wären.

Die meisten Kinder werden adoptiert und für die Kinder, die nicht adoptiert werden, tragen die Schwestern die Verantwortung und sorgen für sie, bis sie ihren Schulabschluss erreichen.

Die Kinder mit Behinderung werden zu einer anderen Einrichtung gebracht, sobald sie erwachsen sind.

An ein paar Vormittagen besuche ich mit einem Pastoralteam kranke und arme Leute in dem Slum Korogocho. Viele haben Aids und sind abgemagert. Wir reden, beten und singen mit ihnen und sind einfach für sie da. Einmal bin ich in eine Hütte gekommen, wo ein Mann auf dem Erdboden auf einer Plastikplane geschlafen hat, weil er kein Bett hat.

Vor einiger Zeit bin ich mit dem Pastoralteam zu einer Abschlussfeier eingeladen worden, wo 5- bis 18-jährige Kinder und Jugendliche ein Jahr lang gelernt haben, wie sie ihre aidskranken Eltern pflegen und behandeln sollen. Diese Feier hat mich sehr berührt, denn man sieht, wie schon kleine Kinder stark und tapfer sein können und wie sehr die Umgebung und die Umstände prägen können.

Das heurige Osterfest war für mich ein ganz besonderes Erlebnis:

Am Karfreitag bin ich den Kreuzweg in Korogocho gegangen, der ca. 5 Stunden gedauert hat. Es ist eine besondere Erfahrung, wenn man betend und singend mit vielen Kindern durch den Slum geht und die Armut und das Leid sieht, aber doch von solch einer Hoffnung, Liebe und Freude umgeben ist. Plötzlich sieht man das Wesentliche vor den Augen und ist für alles dankbar.

Die Ostermesse am Karsamstag hat 4½ Stunden gedauert. 250 Menschen wurden bei der Feier getauft und drei Paare haben geheiratet. Die Messe wurde durch rhythmische Songs, Trommeln, Klatschen und Tanzen besonders lebendig und freudenreich!

Ich möchte euch die Situation von einem gleichaltrigen Freund schildern, da diese zeigt, wie hart das Leben sein kann und was „echte“ Probleme sind:

Der Freund muss für seine drei kleineren Geschwister sorgen und Verantwortung tragen, da Mutter und Vater gestorben sind. Zwei von den Geschwistern müssen daheim bleiben, weil er die Schulgebühren nicht bezahlen kann. Er selbst ist qualifiziert und könnte einen guten Job in einer Computerfirma bekommen. Doch das Problem ist, dass die Computerfirma von ihm einen hohen Geldbetrag verlangt, um ihm den Job zu geben: Das ist Korruption in Kenia. So hat er kein festes Einkommen und er muss kämpfen, dass er die monatliche Miete und die tägliche Versorgung fuer seine Geschwister bezahlen kann.

Mittlerweile dreht sich auch in Kenia alles ums Geld und deswegen müssen so viele Menschen leiden.

Ich möchte so gerne helfen, aber ich muss mir immer bewusst machen, dass es unmöglich ist, allen zu helfen. Aber für jeden einzelnen, dem ich direkt etwas geben konnte, war es eine große Hilfe und einige Tage mit weniger Sorgen.

An einem Wochenende wurde ich von einer Freundin nach Kisumu eingeladen, wo wir ihre Familie und Verwandte besuchten. Kisumu ist eine Stadt und liegt im Westen des Landes am großen Lake Victoria. Es ist ein Gebiet des Stammes Luo und ihr Hauptnahrungsmittel ist Fisch und noch einmal Fisch! Das erste Mal habe ich hier Omena gegessen, das sind kleine Fische und man verzehrt sie mit Kopf und Flossen, was für mich zuerst eine Überwindung war.

Die Gastfreundschaft der Kenianer überrascht mich immer wieder aufs Neue und obwohl die meisten ganz einfach leben und nicht viel haben, teilen sie sehr großzügig. Einmal kam sogar vor, dass ich drei Abendessen bei verschiedenen Familien annehmen musste, denn wenn man ein von ihnen zubereitetes Essen ablehnt, reagieren die Kenianer verletzt und traurig. So ist die afrikanische Gastfreundschaft.

Nun liegen acht Monate Kenia hinter mir und ich merke, dass Afrika auch ein Teil von mir geworden ist und ich die Dinge mit anderen Augen sehe. Die Erfahrungen, die ich hier mache, sind sehr prägend und ich bin dankbar dafür.

Barbara