Liebe Freunde und Paten unserer Kinder in Amakuriat

Ich freue mich, Ihnen wieder einmal etwas von unserer Mission in Pokot erzählen können. Nachdem ich jetzt schon zehn Jahre in dieser Gegend arbeite, sind sehr viel Dinge Routine geworden. Andererseits ist das Leben hier niemals langweilig, es gibt viele Herausforderungen, freudige Überraschungen und traurige Erlebnisse, die das Leben hier sehr spannend machen.

Pater Tomas Herreros, der in den letzten Jahren in Amakuriat Pfarrer war, wurde angefragt, unser Ausbildungshaus in Peru zu leiten und ist Anfang August dorthin versetzt worden. Nachdem die verbleibenden Mitbrüder, Pater Maciej aus Polen, Pater Junior aus Zentral-Afrika und Bruder Cesar aus Peru, erst wenige Jahre in Kena tätig sind, wurde ich gebeten, die Gemeinschaft in Amakuriat zu unterstützen. So bin ich, P. Hubert, nun nach etlichen Jahren als Pfarrer in Kacheliba hier in Amakuriat, der Nachbarpfarrei, tätig. Von hier aus möchte ich Sie alle ganz herzlich grüßen und mich in herzlicher Weise für Ihre vielfältige und langjährige Unterstützung bedanken.

Beide Pfarreien Kacheliba und Amakuriat haben ähnliche Herausforderungen, die mit der Lebensart der Pokot zu tun haben und damit, dass das Christentum und westliche Wertvorstellungen hier erst kurze Zeit Wurzeln gefasst haben. Allerdings muss ich anmerken, dass Amakuriat in der Wertschätzung von Ausbildung noch weit hinter Kacheliba hinterherhinkt. Wenn ein Kind in der Schule kein Essen bekommt, weil zum Beispiel der Staat das Geld für die Schulspeisung nicht auszahlt oder das Essen nicht ausliefert, oder wenn der Schulleiter Gebühren für den Unterricht verlangt, lassen viele Eltern ihre Kinder zu Hause. Andererseits gibt es hier noch relativ wenige Internatsschulen, so dass Kinder, die wirklich zur Schule gehen wollen, manchmal 10km und mehr zurücklegen müssen, um zur Schule zu kommen. Bei Regen sind dann einige Flüsse nicht zu überqueren oder nur nach langem Warten. Etliche Schulen haben deshalb provisorische Internate eingerichtet. Die Kinder räumen abends die Schulbänke auf die Seite und breiten ihre Matten aus, auf denen sie dann schlafen. Zum Glück hat der Staat seinen ehrgeizigen Plan vorangebracht, jeden Erstklässler mit einem Laptop auszustatten. Nicht dass die Kinder nun Computer hätten (das wird, wenn überhaupt, noch lange dauern), aber wenigstens hat der Staat Solarenergie in den Grundschulen installiert, die diesen provisorischen Internaten sehr zu Gute kommen.

Um die Christen in den entlegenen Gebieten besser versorgen und die Schulen regelmäßiger besuchen können, haben wir die Pfarrei Amakuriat in zwei Sub-Pfarreien (Filialen) mit jeweils 30 Außenstationen aufgeteilt. Im Norden liegt das Zentrum Amakuriat. Im Süden und Südosten besuchen wir die Kapellen von Chelopoy aus. Während P. Maciej und Br. Cesar in Amakuriat sind, verbringe ich die meiste Zeit in Chelopoy zusammen mit dem kenianischen Scholastiker Benjamin, der hier vor seiner Diakonen-Weihe zwei Jahre missionarischen Einsatz leistet. P. Junior als Pfarrer von Amakuriat pendelt zwischen beiden Stationen hin und her. In Chelopoy haben wir ein Pfarrhaus gebaut, das mit dem nötigsten ausgestattet ist. Die Sonne liefert uns auch genug Strom, um zumindest nicht im Dunkeln zu sitzen und eine solarbetriebene Wasserpumpe bringt uns das Wasser bis zum Haus. Zudem gibt es dort das Gymnasium „St. Anna“, eine Grundschule und ein Schwesternhaus mit zwei kenianischen Franziskusschwestern.

Mit der Zweiteilung der Pfarrei reduzieren sich die Entfernungen zwischen den Kapellen ziemlich; aber nachdem die Gegend sehr bergig ist, brauchen wir auf den Schotter-, Fels- oder Schlammwegen dann trotzdem noch zwei bis drei Autostunden und manchmal Stunden zu Fuß bis ans Ziel zu gelangen. Was die Fahrten besonders beschwerlich machen, sind die vielen Wasserläufe, die sich bei Regen blitzartig zu reißenden Flüssen wandeln und die harte Einschnitte in den Wegen zurücklassen. Verglichen mit Kacheliba ist die Infrastruktur hier weit hinterher. Der derzeitige Regen, dem El Niño zugeschrieben, hilft uns nicht gerade bei unseren „Ausflügen“.

Schulen und Patenschaften

Ende Oktober und Anfang November war ich zwei Wochen viel unterwegs, unsere Schulen zu besuchen, da in diesen Tagen der Hauptschulabschluss anstand und die Schulen für gewöhnlich einen Gebetstag mit Schulgottesdienst und Elternsprechtag organisieren. Fast alle Schulen in unserer Gegend sind abgelegen und haben ihre Schwierigkeiten. Doch manche Schulen wie in Pirimpur oder in Sokut Primary haben besondere Herausforderungen: in Pirimpur gibt es bis heute keinen befahrbaren Weg zu Schule, da das Dorf auf einem steilen Berg liegt, das man nur nach 3h Fußmarsch erreichen kann. Sokut liegt an einem Staudamm, dessen Anwohner vom Staat bis heute fast vergessen sind und wo auch in der Trockenzeit nur allradbetriebene Fahrzeuge durchkommen können; die Schulkinder tragen deshalb Essen, Schuleinrichtungen und selbst ihre Schulpulte über 10km selbst zur Schule. Sokut ist in einer Umgebung von 20km die einzige Grundschule und dieses Jahr ist es das erste Mal, dass ein paar Kinder aus dieser Gegend überhaupt die Hauptschule abschließen und in eine weiterführende Schule wechseln können. Freunde unserer Mission in Amakuriat haben es möglich gemacht, dass diese Schulen gebaut werden konnten. Und ohne Zweifel sind es Leute sie Sie/ihr, die in anderen Schulen Patenschaften übernehmen oder auf eine andere Weise die Mission unterstützen, die eine positive Entwicklung unserer Pokot vorangebracht haben und immer wieder ermöglichen.

Die finanzielle Unterstützung durch Patenschaften hat auch dieses Jahr vielen Kindern aus armen und benachteiligten Familien eine Schulausbildung ermöglicht, Kinderverheiratungen verhindert oder hinausgeschoben und damit ganzen Familien eine Zukunft eröffnet. Ich kann nicht genug „Danke“ sagen für die Unterstützung, die Sie den Pokot auf diese Weise zugute kommen lassen. Obwohl die Unterstützung bei den Schulgebühren eine große Hilfestellung ist, sind viele Eltern hier noch lange nicht von der Bedeutung von Schulbildung überzeugt und lassen ihre Kinder einfach zu Hause. Leider verlassen auch Kinder, die von Ihnen unterstützt werden immer wieder die Schule, weil die Eltern die Mädchen verheiraten wollen oder die Jungs als Hirten im Busch benötigen.

Vor ein paar Tagen habe ich ein junges Mädchen im Auto mitgenommen. Sie wurde nach der vierten Klasse von ihrem Vater in ein sehr weit entferntes Dorf verheiratet. Den Jungen hatte sie nie zuvor gesehen und sie wollte wieder weiter in die Schule gehen. Sie wurde zu Hause geschlagen so dass sie ja nicht davon laufen würde. Als sie nach einem Jahr kurz zu ihren Eltern zurückgekommen war, folgte ihr der Ehemann und zwang sie zurück ins Dorf, wo sie wieder geschlagen wurde um ihr klarzumachen, wohin sie gehöre. Jetzt nach drei Jahren hat sie ein Kind und durfte jetzt ihre Eltern besuchen – aber nicht zu lang. Sie würde gerne weiter zur Schule gehen, wenn nicht das Kind sie jetzt als Mutter bräuchte. Das ist kein Einzelfall. Zusammen mit der Beschneidung der Mädchen ist das Leben als Kind-Ehefrau kein Zuckerschlecken, wird aber akzeptiert, da man es nicht anders kennt. Dabei ist Heirat von Minderjährigen gesetzlich verboten. Aber hier funktioniert auch das Gesetz fast gar nicht.

Ein paar Gedanken noch zu meiner neuen Pfarrei

Obwohl wir in dieser Gegend von Kacheliba aus seit 1973 präsent sind, war dieser Teil um Amakuriat herum etwas vernachlässigt, weil er über 100km von Kacheliba entfernt liegt und die Straßen in der Vergangenheit großteils kaum passierbar waren. So sind wir hier im wahrsten Sinne des Wortes noch bei der „Erst-Evangelisierung“.

In manchen Gegenden hier waren Freikirchen vor den Katholiken da, an anderen Orten haben Katechisten, die oft betrunken waren, das Ansehen der Kirche unterminiert und in anderen Fällen ist es einfach so, dass die Leute keine Unterschiede zwischen den Kirchen feststellen können und dann einfach zu der nächstgelegenen Kirche gehen. In diesem Fall ist es auch kein Thema, einen Sonntag hier und einen anderen Sonntag woanders zur Kirche gehen. Für uns ist das eine ziemliche Herausforderung.

Während auf der Seite von Amakuriat die Kapellen ziemlich voll sind und ich wirklich sehr überrascht war von der Anwesenheit von vielen jungen Männern, sind auf der Seite von Chelopoy die Kirchen leer. In den Bergen, im Südöstlichen Teil der Pfarrei, geht es langsam aber mit viel Engagament voran. Vieles hängt auch von den Katechisten ab, die mehr oder weniger gut ausgebildet sind. Manche können gerade lesen und schreiben, andere sprechen kaum Kiswahili und nur ein paar wenige haben an einem Pastoralkurs in der Diözese teilgenommen als Vorbereitung zu ihrer Arbeit als Katechist. Leider haben wir kaum eine Wahl da in den meisten Dörfern noch kaum Leute die Grundschule abgeschlossen haben oder die ersten gerade dabei sind, ihre Ausbildung zu beenden. Selbst ein Treffen der Christen in den „Kleinen christlichen Gemeinschaften“ ist schwierig, da niemand da ist, der die Bibel lesen könnte. Anfang Juli hat der Bischof auch unsere neue Kirche in Chelopoy eingeweiht, sie sehr vielen Christen Platz bietet und damit auch viele Möglichkeiten der Fortbildung für die Christen bietet.

Ich als Priester genauso wie mein Mitbruder, der Scholastiker Benjamin halten Gottesdienste (Eucharistie oder Wortgottesdienste) wo immer wir hinkommen und unterrichten die Leute über den Glauben. Wir schlafen in den Dörfern, sodass wir am nächsten Tag alle Zeit mit den Leuten verbringen können. Ich bin noch dabei, die beste Art und Weise zu finden, wie wir den Menschen hier begegnen können. Da ist noch so viel Wissbegierde in den Leuten, die es einem wirklich leicht macht, sich Zeit für sie zu nehmen. Gottesdienste sind sehr lebendig, da wirklich jeder und jede mitsingt und das mit guter Stimme. Die Pokot sind sehr freudige Menschen, wenn gleich sie eigentlich auch sehr kriegerisch sein können, wenn es um ihre Herden geht.

Es ist auch hier wiederum eine wunderbare Erfahrung, die ich machen darf und ich wünschte mir, dies mit euch persönlich hier vor Ort teilen zu können.

Es wird bald Weihnachten und ich stelle mir vor im deutschsprachigen Raum ist überall schon Weihnachtsstimmung zu spüren. Hier gibt es so etwas nicht. Aber die adventliche Erwartung, die wir auf den Heiligen Abend festgemacht haben, herrscht hier immer wenn ein Priester ins Dorf kommt. Auch wenn es wenige sind, die zusammenkommen, den Glauben zu teilen, es ist immer ein herzliches Willkommen, weil man eben nur selten die Gelegenheit dazu hat, die Leute zu besuchen.

So möchte ich mich zum Abschluss nochmals herzlich bei allen bedanken, die uns bei unserer Arbeit in Gebet und auch finanziell unterstützen und wünsche euch allen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit.

Euer Hubert Grabmann

P.O.Box 8,
30601 Kacheliba
hubert.grabmann@comboni.de

PS: Für alle, die mich in meiner neuen Pfarrstelle oder in Bezug eines unserer Projekte für Schule oder Pfarrei unterstützen wollen, gebe ich euch hier auch die aktuelle Bankverbindung bekannt:

Für Deutschland:

Comboni-Missionare DE66 6145 0050 0110 6170 15 Verwendungszweck „P. Hubert Grabmann“

Für Österreich:

Comboni-Missionare, KöR, Tiroler Sparkasse Innsbruck – IBAN: AT262050 300100136753 Verwendungszweck „P. Hubert Grabmann“