Selam nattschihu jänje guwadänja!?

(amharischer Gruß, „ist der Friede mit euch, meine Freunde!?“)

ein Ausflug in den Osten Äthiopiens….Dire Dawa

Mitte Juli (die Schule hatte noch nicht wieder begonnen) habe ich gemeinsam mit einem anderen Volunteer, James aus England und Bruder Clemens aus Holland (vom Orden St. John) einen 5-tägigen Trip nach Dire Dawa unternommen. Die Mutter Teresa Schwestern haben ja insgesamt 17 Häuser in Äthiopien, darunter befindet sich eins in Dire Dawa. Die Mission beherbergt etwa 1400 Patienten – Sterbende, Kranke, Behinderte und vor allem viele psychisch kranke Menschen, die an den Folgen der hiesigen Droge Chat leiden. Die sogenannte Pflanze Chat ist mittlerweile Äthiopiens Exportgut Nummer eins! Vor allem in die arabischen Länder, afrikanische Nachbarländer sowie aber auch Europa (vor allem England) wird das gefährliche „Kraut“ gebracht. Es wird vor allem von Männern konsumiert. Man kaut die Blätter des Krauts (1-2 Stunden) und spuckt sie hinterher wieder aus. Die Droge stimuliert und kann auch in eine Art Delirium versetzen, oft wird sie von Truckfahrern, die lange Zeit auf der Straße unterwegs sind, genommen, um sich wach zu halten. Kürzlich durchgeführte Studien zeigen auf, dass Chat abhängig macht, zu Depressionen, Psychosen…führen kann.

Die Superiorin von Dire Dawa, Sister Joakim, hat sich dieses großen Problems angenommen, nimmt Chat-Patienten auf, behandelt sie, versucht die Patienten sowie die Bevölkerung über Chat aufzuklären…sprich sie macht eine ganz wertvolle Arbeit vor Ort!

Für uns war es also sehr interessant, diese Mission der Schwestern kennenzulernen. Außerdem beherbergt die Mission einige behinderte Kinder. So habe ich ein paar Stunden am Tag mit den Kindern gearbeitet, gespielt und gesungen…sowie neue, anregende Materialien für die Kids gebastelt und mit den Mitarbeitern, meine Absichten und Ideen besprochen.

zwei Wochen auf Reisen!!

Im August bekam ich dann Besuch von Dietmar, einem Freund, den ich vor vielen Jahren über die Combonis kennengelernt habe! Gemeinsam mit ihm machte ich mich auf, das wunderschöne Äthiopien zu bereisen.

Unsere ersten Stationen waren Awasa und Kibre Mengist, die für mich kein Neuland waren, die ich aber unbedingt Didi zeigen wollte. „Meine“ hiesigen Combonis (Father Sisto, Father Pedro Pablo, Brother Aldo und Co) waren unsere Gastgeber und wir genossen es, durch sie einen noch tieferen Einblick in die Lebensweise der Menschen vor Ort zu bekommen. (so waren wir zum Beispiel zwei Abende zu einer typisch amharischen Hochzeit eingeladen…was so was von spannend und interessant war!!)

In der zweiten Woche machten wir uns mit dem Provinzial der Comboni Pater, Father Tesfaye, der Provinzialoberin der Comboni-Schwestern, Sister Marisa sowie Sister Assunta, die einigen von euch noch von Deutschland bekannt ist, auf in die Region Gumus. Sister Assunta ist nun Oberin in der Mission in Gumus. Die Gumus stammen ursprünglich aus dem Sudan und sind dementsprechend sehr, sehr dunkelhäutig. Gemeinsam mit dem Stamm der Agau bewohnen sie diese Region. Wie wir erfahren haben, stellt sich das Zusammenleben aber eher schwierig dar. Die Agaus sehen die Gumus als minderwertig an und sprechen ihnen so einige Rechte ab, woraufhin die Gumus hin und wieder mit Gewalt reagieren…! In diesem Spannungsfeld haben die Schwestern (sowie die Pater etwa zehn Kilometer entfernt) eine Missionsstation. Sie leiten einen Kindergarten, ein Hospital mit Notfallstation sowie eine Gemeinde und geben Religionsunterricht.

Nach zwei sehr intensiven Tagen dort, pilgerten wir mit dem Bus weiter nach Bahir Dar. Dort liegt der schöne See Tana (der größte See des äthiopischen Hochlandes), welcher mehrere Inseln mit orthodoxen Klöstern und alten Kirchen „beherbergt“!

Außerdem besichtigten und bestaunten wir die gigantischen Fälle des „Blauen Nils“ Tis Issat.

Danach reisten wir weiter Richtung Norden, in die alte Provinz Gondar (der Heimat unserere Sister Assunta…die uns übrigens sowohl für Bahir Dar als auch für Gondar „Kontakte“ machte und wir die Gastfreundschaft verschiedener Ordensgemeinschaften genießen durften…diese waren wirklich wunderbar!!!) Gondar ist eine alte Königsstadt und besitzt einen wunderschönen Palastbezirk („Gemp“) sowie weitere historische Bauten. Außerdem haben wir die Mutter Teresa Schwestern dort besucht (zu der Zeit waren einige unserer Kinder von Asco in Gondar auf Ferien, so konnten wir sie zu einem Ausflug mitnehmen!)

Nach dieser Woche machte ich mich wieder auf nach Addis und Didi „schickte“ ich nach Lalibela (weil ich überzeugt bin , dass man Lalibela gesehen haben muss!!) J!!

Didi verbrachte noch ein paar Tage bei mir in Addis und reiste dann weiter Richtung Kenia sowie Uganda!!

Es waren zwei wirklich schöne, erfrischende und spannende Wochen!

Sidist Kilo!

Sidist Kilo ist das Provinzhaus der Mutter Teresa Schwestern in Addis Abeba. Die Provinzialoberin, Sister Benedicta, die übrigens aus Deutschland kommt, hat auch ihren „Sitz“ dort!

Außerdem ist Sidist Kilo eine sehr, sehr große Mission der Schwestern in Addis. Etwa 1000 Patienten (Sterbende, Kranke, Obdachlose, Behinderte…) finden dort Obdach.

Das erste Mal, als ich Sidist Kilo betreten habe, war unglaublich überwältigend für mich. Der Ort an sich, ist verglichen mit den vielen Patienten, sehr begrenzt, ein besonderer Duft liegt in der Luft, die Patienten sind alle gleich gekleidet…und man sieht schlicht und einfach großes menschliches Leid.

Die Mission ist in eine Männer- sowie Frauenabteilung eingeteilt. Einige Patienten sitzen im Hof, sprechen miteinander oder spielen etwas, viele Menschen sind aber auch ans Bett gefesselt und sind ständig auf Hilfe angewiesen.

Obwohl ich weiß, dass die Schwestern eine wunderbare Arbeit für die Menschen dort leisten und diese Menschen ohne die Schwestern wahrscheinlich auf der Straße leben bzw. auf der Straße sterben würden…war ich nach meinem ersten Besuch sehr, sehr traurig und deprimiert!

In einem separaten Haus befindet sich eine Abteilung für die Kinder, die zur Adoption freigegeben werden sowie eine Abteilung für behinderte Kinder (überwiegend schwerbehinderte Kinder).

Schnell nach meinem ersten Besuch dort, habe ich mich entschieden, einmal in der Woche bei den behinderten Kindern zu arbeiten. Die Bedingungen und das Equipment dort sind äußerst simpel und spartanisch!

Für die „fitteren“ Kinder gibt es für ein paar Stunden am Tag eine Art Schule. Die Kinder mit mehreren und schweren Behinderungen aber erleben meist einen sehr eintönigen Alltag: Aufstehen, Frühstücken, in ihrem Stuhl sitzen, evtl. 15 Minuten Physiotherapie, Mittagessen, Bett, wieder im Stuhl, Abendessen, Bett und schlafen. Die Mitarbeiter haben genug damit zu tun, mit allen Kindern fertig zu werden…und so kann man sich vielleicht vorstellen, dass einzelne Mahlzeiten nicht sehr lange dauern dürfen und man nicht großartig auf individuelle Bedürfnisse eingehen kann!! Oft werden zwei, drei Kinder gleichzeitig gefüttert!

In den ersten Wochen kam ich jedes Mal völlig aufgewühlt nach Hause! Wie bereits gesagt, schätze ich die Arbeit der Schwestern sehr und ich weiß genau, dass diese Kinder die ersten sind, die vernachlässigt und verstoßen werden und ohne die Schwestern, einige meiner kleinen Freunde nicht mehr am Leben wären. Dennoch denke ich mir immer wieder, dass man mit ein wenig finanziellem Aufwand, die Lebensqualität der Kinder immens verbessern könnte (ein-zwei Arbeiter mehr einstellen, eine Person für Spiele und Unterhaltung für die schwächeren Kinder…).

So versuche ich jeden Freitag, ein paar Kindern wenigstens, intensive und für sie außergewöhnliche Augenblicke zu vermitteln (Fußmassagen, Spiele und Gesang, menschliche Nähe, dem Kind zeitlich angemessenes gemeinsames Essen oder „Füttern“…)

So kann ich vielleicht kurz ein wenig von Jordanos berichten. Ich bin erst nach einigen Wochen auf dieses kleine Mädchen aufmerksam geworden. Obwohl Jordanos nicht spricht ist ihre Mimik unglaublich facettenreich. Sehr, sehr oft scheint sie sich in ihrer eigenen Welt zu befinden.

Anfangs habe ich mich ihr einfach gegenüber gesetzt und ihr so meine Aufmerksamkeit und mein Interesse an ihr gezeigt. Ab und an gelang es mir, ihre Blicke einzufangen und standzuhalten. Mit der Zeit hat sie dann auch Berührungen zugelassen und begonnen mich am Arm oder am Bein zu berühren…Woche für Woche konnten wir immer mehr interagieren (kleine, gemeinsame Laufrunden, gemeinsames Lachen…)

Und so habe ich auch mit ihr gegessen. Ganz selbstverständlich habe ich für sie Injera (typisches äthiopisches Fladenbrot) mit Soße geholt und sie gefüttert.

Eines Tages sah mich eine Mitarbeiterin mit dem Teller voll Injera für Jordanos, stoppte mich und meinte, das kann Jordanos nicht essen, sie bekommt immer den Brei. Ich sagte ihr, dass ich immer Injera mit ihr esse…und sie war völlig verblüfft!

Anfangs habe ich immer mit Handführung mit Jordanos gegessen, d. h. ich habe mit ihr gemeinsam mit Handführung den Löffel gefüllt und dann haben wir den Löffel zu ihrem Mund geführt. Letzten Freitag habe ich es wie immer versucht, den letzten Schritt von ihr alleine zu fordern…und, sie hat doch tatsächlich ihren Löffel alleine zum Mund geführt! Wir haben uns beide vor Freude angestrahlt – ich auf meine Weise und sie auf ihre Weise!

Das sind vielleicht kleine Begebenheiten, aber ich denke für Jordanos unglaublich große Schritte in Richtung Selbstbestimmung! Leider gibt es hier zu wenig Momente und zu wenig Zeit, herauszufinden, zu welchen Taten die Kinder fähig sind!!!

Die Stunden mit den Kindern in Sidist Kilo sind für mich ganz Besondere! Auch wenn es mich ab und an Überwindung kostet und ich, ehrlich gesagt, immer wieder an meine Grenzen komme sind die Momente, mit den Kindern, mitunter meine intensivsten und tiefsten Augenblicke hier! Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr mich ein Lächeln meiner Jordanos mit Glück erfüllt!

noch ein paar Anmerkungen!

In einer meiner Mails habe ich doch von „meinem Abel“ berichtet (8-jähriger blinder Junge, mit dem ich gearbeitet habe)

Anfang Oktober wurde ein großer Traum wahr! Abel besucht nun die German Church School (eine Schule, die von der evangelischen deutschen Kirche in Addis geleitet wird und speziell für arme Kinder sowie etwa 40 sehgeschädigte Kinder konzipiert ist). Nach einigen Gesprächen und gegenseitigen Besuchen akzeptierten die Lehrer Abel. Nun stehen ihm viele Möglichkeiten offen, die ihm in Asco und auch von mir nicht geboten werden konnten (amharisches Braille, sehgeschädigte Mitschüler, soziales Lernen …) Ich bin unglaublich glücklich und auch ein bisschen stolz, dass ich dies für Abel erreichen konnte!

Seit etwa zwei Monaten ist das Gebäude unserer „ Animal-Farm“ errichtet. Und so langsam kommen auch die Tiere dazu…wir haben inzwischen zwei Schafe, vier Schweine, drei Hasen, etliche Hühner sowie Enten. Die Kinder haben unterschiedliche Verantwortlichkeiten wie zum Beispiel Füttern, Ausmisten… übernommen. Vor allem auch für unsere kleinen Kinder ist es ein großer Event einen kleinen Ausflug zu den Tieren zu machen!

Seid alle ganz herzlich gegrüßt von

Eurer Christine