Die Frau war gerade der Demo von AfD-Leuten und deren Freunden entkommen. Laut genug redend konnte man das Wort „beschämend“ von ihr hören. Damit meinte sie wohl, dass wieder rechtsextremes, ungutes Gedankengut schamlos verbreitet wird. Die meisten Demonstranten waren relativ junge Männer – und kaum Frauen – im Zug durch verschiedene Straßen der Stadt Ellwangen.

Für Samstag, 22.09.2018, hatte die oben genannte Gruppe eine Kundgebung mit anschließender Demo angemeldet. Teilnehmende trugen Deutschland-Fahnen, die ihnen zur Demo ausgehändigt worden waren. Zuerst waren es auffallend wenige, schlussendlich aber doch etwa 120 Personen, die mitgezogen sind. Eigentlich nicht die große Zahl, wobei die meisten nicht mal aus Ellwangen stammten.

Wenn die Frau weitergegangen ist, wird sie einer ganz anderen, bunten Veranstaltung begegnet sein: Die „Mahnwache“, unterstützt von vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen, zu denen auch die Comboni-Missionare gehören, hatte zu einem bunten und frohen Treffen am Fuchseck, dem zentralen Ort Ellwangens, eingeladen. Es sollte eine Veranstaltung für Demokratie und Menschenrechte sein. Ein Affront gegen AfD und Konsorten wurde bewusst vermieden.

Zunächst hatten verschiedene Personen Statements der Solidarität rund um das Thema Demokratie, Menschenrechte und Menschenwürde abgegeben. Unter den Rednern befanden sich auch Oberbürgermeister Karl Hilsenbek und weitere namhafte Personen des öffentlichen Lebens in der Stadt.

Ellwangen ist übrigens die erste Stadt in Baden-Württemberg, die vom Land mit dem Titel „Stadt ohne Rassismus – Stadt mit Courage“ ausgezeichnet wurde. Die Veranstaltung sollte ein Zusammenkommen einer möglichst breit aufgestellten, couragierten Bürgerschaft werden. Tatsächlich waren etwa 1.000 Menschen gekommen. Mit ihrem Erscheinen wollten die Menschen zum Ausdruck bringen, dass sie Nein zu rassistischen Parolen und Inhalten sagen. Im 70. Jubiläumsjahr der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen bekannten sie sich zu diesem wertvollen humanistischen Schatz. Unser Grundgesetz drückt es gleich im 1. Artikel so aus: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Überall standen Mannschaftswagen der Polizei. Und das war gut so, denn die Polizei musste klar Präsenz zeigen, um die Besucher des Festes und die Demonstranten voneinander getrennt zu halten. Zwischendurch waren deshalb kleine Seitengassen abgeriegelt. Die es nicht eilig hatten, nahmen es gelassen und warteten geduldig auf das Ende der Sperren. Und es war auch schön, wahrzunehmen, dass Passanten und Polizeibeamte gut miteinander zurechtkamen.

Wenn die am Anfang erwähnte Frau zum Fuchseck weitergegangen ist, brauchte sie nicht mehr das Wort „beschämend“ in den Mund nehmen. Es war gewiss nicht nur für die Frau ermutigend, auch die große Überzahl von Ellwanger Bürgern dort wahrzunehmen.

Pater Anton Schneider