Von August bis Oktober 2017 ist Pater Josef Gerner auf Heimatbesuch in der deutschsprachigen Provinz (DSP). In Nürnberg hat er sich mit Brigitte Rolfes für ein kleines Interview getroffen, in dem er aus seiner erlebnisreichen Zeit in der Mission berichtete:

Bereits seit 36 Jahren ist Pater Gerner in Ostafrika tätig, wobei er davon 26 Jahre in Uganda und zehn Jahre in Kenia verbracht hat. 1971 ist er für fünf Jahre nach Uganda gegangen, danach wurde er nach Kenia versetzt und arbeitete zunächst bei den Kalendjin im ländlichen Kenia, bevor er 1981 nach Kariobangi, einem Slum in Nairobi, versetzt wurde. Die erste Zeit in Kariobangi war für ihn nicht leicht, da er dort vor großen Herausforderungen wie Gewalt und bitterer Armut stand und sich das Leben stark von dem Leben im ländlichen Kenia unterschied. Pater Gerner war sich nicht sicher, ob er dort bleiben könnte und wollte am liebsten gleich wieder gehen. Doch dann gewöhnte er sich an die Umstände und kam immer mehr mit den Menschen vor Ort in Kontakt. Heute sagt er, dass die Jahre in Kariobangi für ihn die schönsten Erfahrungen in der Mission waren. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm die Hausbesuche bei den Menschen und der Austausch mit ihnen.

Bibelteilen in Gemeinschaft
Die Gemeinschaft der Comboni-Missionare und Comboni-Schwestern in Kariobangi unterstützte die Menschen dabei, sich in kleinen Gruppen zum Bibelteilen zusammenzuschließen. Das war zu Beginn gar nicht so einfach, da vorher alles zentralisiert organisiert war und sich die Menschen erst an dezentrale Strukturen gewöhnen mussten. Doch dann entwickelte sich eine ganz eigene Dynamik und die Gruppen wurden zu lebendigen Orten des Austausches über den Glauben und die Menschen wuchsen zusammen. Den Menschen war und ist ihre Situation im Slum bewusst und sie haben gelernt, ihre Stimme gegen Unterdrückung und Ausbeutung zu erheben. Die Gemeinschaft in den kleinen Gruppen hat ihnen Halt und Unterstützung dabei gegeben. Damals gab es fünf kleine Gruppen, später wurden es 50 und heute sind bereits über 75 Gruppen aktiv.
Jeden Donnerstag trafen sich die kleinen Gruppen und jedes Mal war jemand von den Comboni-Missionaren bzw. Comboni-Schwestern als Teilnehmer oder Teilnehmerin dabei. Einfach, um zuzuhören und bei den Menschen zu sein. Sonntagabends gab es immer eine Versammlung zu einem bestimmten Thema, das die Menschen bewegte. Jede Gruppe schickte eine ausgewählte Person, die etwas zu dem Thema zu sagen hatte. Pater Gerner erinnert sich noch gern an diese Treffen zurück: so waren die Menschen dort immer von großem Tatendrang erfüllt und die Luft war erfüllt von einer großartigen Energie des Aufbruchs. Es nahmen bis zu 200 Menschen an diesen Versammlungen Teil.

Friedlicher Widerstand auf der Polizeistation
Die Kirche war in Kariobangi hoch angesehen, da die Menschen wussten, dass sich die Comboni-Missionare um die Menschen kümmerten und sich wirklich ihrer Probleme annahmen. Einmal, als Jugendliche aus der Pfarrei von der Polizei aufgegriffen und eingesperrt worden waren weil sie sich versammelt hatten, ging Pater Gerner auf die Polizeistation, um zu erfahren, was geschehen war und um den Jugendlichen zu helfen. Die Polizisten sagten, die Jugendlichen seien gar nicht auf der Polizeistation. Informationen waren über sie nicht zu bekommen. Daraufhin setzte Pater Gerner sich in den Wartebereich und fing an, den Rosenkranz zu beten. Als andere Besucher ihn sahen und fragten, was er da tue, sagte er ihnen, die Polizisten würden Jugendliche aus seiner Pfarrei festhalten und ihn nicht zu ihnen lassen. Da fingen einige an, mit ihm zu beten, was die Polizisten so nervös machte, dass sie die Jugendlichen frei ließen. So fand Pater Gerner seine ganz eigenen, friedlichen Wege um die Menschen vor Ort zu unterstützen.

Arbeit in Uganda während der Rebellenkriege
Nach fünf Jahren in Kariobangi ging Pater Gerner zunächst in die USA und danach arbeitete er zwei Jahre in Innsbruck im internationalen Scholastikat. Dann wurde er für sechs Jahre zum Provinzial der DSP gewählt und kehrte nach seiner Amtszeit 1996 nach Uganda (Kitgum) zurück. Dort wartete eine schwierige Zeit auf ihn, denn es kam immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen und Überfällen, bei denen im Laufe der Zeit auch 13 Comboni-Missionare getötet wurden. Es war die Zeit der Rebellenkriege der Lord’s Resistance Army (LRA) unter der Führung von Joseph Kony im Norden Ugandas, in der tausende Kinder als Kindersoldaten abgerichtet und zu grausamen Taten gezwungen wurden. Immer wieder suchten Menschen und besonders Kinder in der Missionsstation Zuflucht vor den Rebellen. Es gab wenig Platz für die vielen Kinder (es waren hunderte Kinder), doch Pater Gerner hat nie ein Kind weggeschickt und irgendwie konnten alle versorgt werden.

Neues aufbauen, Frieden fördern
2007 beruhigte sich die Lage und die LRA unterzeichnete 2008 einen Waffenstillstandsvertrag mit der ugandischen Regierung. Nun war es an der Zeit für Pater Gerner, etwas Neues zu beginnen, denn die Gemeinde war soweit aufgebaut, dass die Menschen sich selbst darum kümmern und sie weiter betreiben konnten. Pater Gerner wurde in den „Busch“ versetzt, wo sich die großen Flüchtlingslager befanden. Dort übernahmen die Comboni-Missionare zwei Pfarreien, bis sie 2014 auch diese Pfarreien übergeben konnten. 2015 kam Pater Gerner wieder nach Gulu (Opit), um dort beim Wiederaufbau einer Gemeinde, besonders moralisch, zu helfen. Wegen der Greultaten, die während des Rebellenkriegs begangen worden waren, war das Vertrauen der Menschen untereinander stark gestört. Hier war es Pater Gerners Aufgabe, die Menschen wieder zusammen zu führen, ihnen Mut zu machen und sie in die Gemeinde einzubinden. Eine große Herausforderung, bestand die Gemeinde doch aus einem großen Gebiet mit knapp 50 Außenstationen. Trotzdem entwickelten sich lebendige Gemeinschaften und auch ehemalige Kindersoldaten wurden wieder in die Gesellschaft integriert. Die Menschen sehnen sich nach Stabilität, Geborgenheit und einer Heimat.

Bevor Pater Gerner seinen Heimatbesuch in der DSP angetreten ist, hat er noch dabei mitgeholfen, eine neue Pfarrei in Odek, dem Dorf, aus dem Joseph Kony stammt, zu gründen. Auch dort sehnen sich die Menschen nach Frieden und Stabilität. Die Kirche steht schon, ein kleines Pfarrhaus muss noch gebaut werden.

Am 30. Oktober reist Pater Gerner zurück nach Gulu, im Norden Ugandas. Auch mit über 80 Jahren ist er noch voller Tatendrang und freut sich auf seine Aufgaben und die Menschen in Uganda.

Pater Gerner im Radio

Im September ist ein kurzes Interview mit Pater Gerner im Radio erschienen. Den Beitrag können Sie sich auf der Seite des Bistums-Eichstätt anhören: www.bistum-eichstaett.de