Heute habe ich mich mit meinen Schülern lange über die Unterschiede zwischen Uganda und Deutschland unterhalten. Danach war ich ein bisschen geschockt, denn viele Leute hier haben ein komplett falsches Bild eines „Munu“ (=Weiße/r): sie denken zum Beispiel, dass alle reich sind und deshalb niemand arbeitet. Als ich ihnen erzählt habe, dass ich für den Flug einige Monate als Kellnerin gearbeitet habe, waren wiederum die jungen Männer geschockt oder wollten mir nicht glauben. Sie haben mir mit fester Überzeugung mitgeteilt, dass sie glauben, dass meine Eltern mir alles bezahlt haben und meine Familie schon reich ist, also müssen meine Eltern nicht arbeiten und machen den ganzen Tag nichts.

Einer meiner Schüler hat mir gesagt, dass er eine weiße Frau heiraten möchte, damit er nicht mehr arbeiten muss. Leider war das sein voller Ernst.

Wenn man sich etwas länger mit diesem Gedankengang beschäftigt, kann man ein bisschen besser verstehen, woher dieses falsche Bild kommt:

Es kommen viele „Mzungus“ nach Afrika, um Ferien zu machen, sie fahren in großen Autos umher, wobei sich manche Einwohner noch nicht mal die öffentlichen Verkehrsmittel leisten können. Auch ich kann mir hier mehr leisten, aber nicht, weil ich finanzielle Unterstützung von zu Hause bekomme, sondern weil das Gehalt, das wir in Deutschland bekommen, viel höher ist als hier. Ein Lehrer bekommt hier neben den Mahlzeiten und einem kleinen Zimmer 2500 Uganda-Schillinge pro Tag (ca. 80 Euro-Cent). Davon muss er seine Familie mit Essen, Kleidung, Medikamenten usw. versorgen. Obwohl alles viel billiger ist, kann man davon nicht nach Europa fliegen.

Meistens reicht hier ein einziger Job nicht aus, deshalb geht ein Lehrer der Schneiderschule jeden Tag nach dem Unterricht für zwei Stunden in den Garten, um das Land umzugraben, Kassava zu pflanzen und später auf dem Markt zu verkaufen.

franziska_de_gilde_mit_ordensfrau_1000pxIn den Dörfern hat fast jeder seinen eigenen Garten (Land ist hier sehr billig), auf dem er in der Regenzeit Kassava, Mais oder Erdnüsse anbaut. Hier gibt es keine Maschinen, alles wird mit der Hand oder mit einem Ochsen umgegraben. Das, was auf den Tisch kommt, ist entweder aus dem eigenen Garten oder auf dem Markt gekauft. Wenn man alle Lebensmittel im Supermarkt einkauft, ist man reich und faul, man wird also mit einem neidischen und einem bösen Auge angeschaut.

Als ich erzählt habe, dass wir Avocados und Mangos nur aus dem Supermarkt kennen, haben meine Schüler gelacht. Hier wird nichts importiert, regionale Lebensmittel werden gegessen. Dieses „Farming“ ist einerseits eintönig, der Markt ist voll von immer den gleichen Lebensmitteln, andererseits hält diese Arbeit einen fit und man isst sehr gutes, leckeres und frisches Essen.

Viele Menschen in meinem Umfeld glauben, dass es in der westlichen Welt nur reiche Menschen gibt und dass die Menschen in Afrika die Einzigen sind, die arbeiten. Deshalb wollen viele nach Europa ziehen. Einige verkaufen ihr ganzes Hab und Gut, um die Transportkosten bezahlen zu können. Wenn die Einwanderung nicht auf legalem Wege geht, nehmen sie eine lange und gefährliche Reise auf sich, aber wenn sie es geschafft haben, wartet nicht das verheißene Land auf sie, von dem sie nur Gutes gehört haben, sondern die harte Realität.

Außerdem würden sie nie eine 19-jährige Einheimische um Geld bitten; ich bekomme aber fast jede Woche solche Anfragen. Es ist nicht immer leicht, als (reiche) Weiße abgestempelt zu werden, jedoch muss man auch damit klarkommen und irgendwann gewöhnt man sich daran.

Neben diesem und anderen kleinen Problemen geht es mir sehr gut. Ich bin ziemlich beschäftigt mit den Kursen, aber es freut mich immer wieder, die Fortschritte, die meine Schüler machen, zu sehen. Mit meinen Schülern verstehe ich mich super, in den Pausen wird deutsche und ugandische Musik ausgetauscht und es werden frische Mangos vom Baum gegessen.

Franziska de Gilde